Was hat Sie persönlich dazu bewegt, sich mit Quant-Investing zu beschäftigen?
„Alles fing damit an, dass ich 2011 von Indonesien in die Niederlande zog, um an der Erasmus-Universität Rotterdam meinen Bachelor und Master im Studiengang Quantitative Finance zu absolvieren. Ich habe es schon immer geliebt, mit Daten und Zahlen zu arbeiten. In der Schule war allerdings Physik mein Lieblingsfach. Deshalb waren viele überrascht, dass ich mich für die Finanzbranche entschieden habe. Dabei lag das eigentlich auf der Hand, denn in meiner Familie haben viele in ähnlichen Bereichen gearbeitet.“
„Nach meinem Studium habe ich bei Robeco ein Praktikum im Team für quantitatives Research angefangen. Hier konnte ich das Wissen anwenden, das ich durch die Arbeit an hochwertigem Research und der praktischen Anwendung erworben hatte. Nach meinem Praktikum wurde ich als wissenschaftliche Vollzeit-Mitarbeiterin im Team angestellt. In dieser Funktion hatte ich Gelegenheit, an zahlreichen Forschungsprojekten zu verschiedenen Themen mitzuwirken, darunter Factor-Investing und alternative Daten.“
„Nach ein paar Jahren beschloss ich, die Welt der Datenwissenschaft jenseits der Finanzbranche zu erkunden. So wurde ich Datenwissenschaftlerin bei einem Marktforschungsunternehmen. Dort habe ich meine Liebe zur Datenanalyse und -visualisierung vertieft und meine Kompetenzen in diesem Bereich weiterentwickelt. Bei dieser Tätigkeit begann ich, jenseits cooler Schaubilder viele Ebenen der Datenwissenschaft und der komplexen Programmierung zu entdecken.“
„Ich glaube, Datenwissenschaft ist letztlich eine Art der Kommunikation. Dabei werden Daten in Wissen umgewandelt, mit dem sich Fragen beantworten lassen. Wie es das Schicksal so wollte, kehrte ich drei Jahre später zu Robeco zurück. Denn dort wartete eine spannende Aufgabe auf mich, bei der die beiden Welten Datenwissenschaft und Portfoliomanagement miteinander verschmelzen. Und wie man so schön sagt, ist der Rest Geschichte.“
Welches ist das interessanteste Projekt, an dem Sie im Quant Equities-Team gearbeitet haben?
„Zu meinen Hauptaufgaben gehört es, zusammen mit den Data Engineering- und Quant Research-Teams unser firmeneigenes Tool weiterzuentwickeln und zu verbessern – den „Quant-Customizer“, ein Tool, das die Verschmelzung von Datenwissenschaft und Portfoliomanagement in perfekter Weise verkörpert.“
„Wir haben festgestellt, dass unsere Kunden in den letzten Jahren zunehmend maßgeschneiderte Lösungen wünschen, und unsere Quant-Plattform eignet sich hervorragend dafür. Bisher war es ein eher herausfordernder Prozess, Lösungen für die individuellen Kundenwünsche zu erarbeiten, um dann ein konzeptionelles Portfolio und ein Angebot zu erstellen. Daei waren die Möglichkeiten, mit dem Kunden zu interagieren, relativ begrenzt. Nach Besprechung eines Angebots mit dem Kunden tauchten zudem oft neue Aspekte auf, die eingearbeitet werden mussten.“
„Wir haben den Quant-Customizer entwickelt, um diesen Prozess zu beschleunigen und die gemeinsame Entwicklung von maßgeschneiderten Lösungen vor Ort im Gespräch mit unserem Kunden zu ermöglichen. Dabei sind es drei wesentliche Elemente, die wir individuell anpassen können. Erstens können wir gemeinsam eine Benchmark wählen, die wir optimieren oder als Grundlage für das Portfolio verwenden. Zweitens können wir die spezifischen Risiko- und Ertragsziele unserer Kunden berücksichtigen – beispielsweise in Bezug auf das Engagement in Faktoren, die Information Ratio oder den Tracking Error. Und drittens können wir verschiedene Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit definieren.“
„In Bezug auf das Nachhaltigkeitsprofil ist das Tool sehr flexibel. Dabei lassen sich verschiedene Kundenpräferenzen umsetzen, darunter Ausschlüsse, ESG-Faktoren und der ökologische Fußabdruck, also beispielsweise die CO2-Emissionen. Wir können das Portfolio sogar auf die einzelnen UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) ausrichten. Tatsächlich hat der „Quant-Customizer“ durch die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten, die in vielen Gesprächen mit unseren Kunden heute ein zentrales Thema sind, beträchtlichen Schub erhalten.“
„Mit dem Quant-Customizer kann der Kunde tatsächlich selbst die Kontrolle über sein Portfolio in die Hand nehmen. Das Tool funktioniert ähnlich wie eine Online-Software, mit der Sie als Kunde Ihr Auto selbst entwerfen können, indem Sie beispielsweise die Farbe des Wagens oder die Art der Felgen bestimmen.“
Welchen Nutzen hat der Quant-Customizer also für den Kunden?
„Die Kunden unterscheiden sich typischerweise vor allem darin, welche Rendite sie anstreben, welches Risiko sie dafür eingehen wollen und welche Nachhaltigkeitsziele sie verfolgen wollen. Daher ist das individuelle Design wirklich wichtig.“
„Ich kann ein paar Beispiele nennen, um dies zu veranschaulichen. Einige Kunden haben eine bestimmte Beschränkung in Bezug auf den Tracking Error und wollen eine höhere Rendite erzielen als die Benchmark. Andere wiederum streben eine Rendite ungefähr in Einklang mit der Benchmark an, wollen jedoch in Sachen Nachhaltigkeit bessere Ergebnisse erzielen als der Index, bei einem zugleich relativ geringen Tracking Error. Einige konzentrieren sich auf die Erhöhung ihres Engagements in Faktoren wie Low Risk, Momentum, Qualität oder Value, während für andere die Risikominderung im Vordergrund steht.“
„Wir haben also wirklich großen Spielraum, um ein Portfolio individuell an die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden anzupassen. Der Quant-Customizer versetzt uns zudem in die Lage, dass wir uns sämtliche Spezifikationen eines maßgeschneiderten Portfolios bereits in der Konzeptionsphase genau ansehen können. Für das, was bisher Tage, Wochen oder sogar Monate gedauert hat, brauchen wir jetzt ein paar Sekunden. Mit dieser enorm verkürzten Vorlaufzeit sind wir in der Lage, unsere Erkenntnisse in einem Meeting in Echtzeit mit unserem Kunden zu besprechen. Das hält das Gespräch im Gange und bereichert die ersten Besprechungen mit dem Kunden.“
Aus der anderen Perspektive: Welchen Nutzen haben Sie als Quant-Investoren davon?
„Der Quant-Customizer unterstützt uns in vielerlei Hinsicht. Erstens versetzt uns das Tool in die Lage, gezielt auf die individuellen Anforderungen des Kunden einzugehen, anstatt lediglich allgemeingültige Lösungen anzubieten. Mit dem Customizer können wir flexibel Anpassungen vornehmen und ein konzeptionelles Portfolio zu einem bestimmten Zeitpunkt visualisieren. Für unsere Gespräche mit dem Kunden ist das ein Vorteil, da wir in einem Meeting direkt das Feedback des Kunden einarbeiten können, um unsere Lösungen eng mit den Anforderungen des Kunden abzustimmen.“
„Zweitens können wir mit dem Customizer unseren Kunden direkt mehrere Optionen präsentieren – beispielsweise ein Modell, bei dem die Nachhaltigkeit des Portfolios im Mittelpunkt steht, ein Modell, das vor allem auf die finanzielle Performance ausgerichtet ist und ein Modell, das irgendwo dazwischen liegt.“
„Unsere Kunden sind besser in der Lage zu beurteilen, was für sie tatsächlich funktioniert, wenn sie die optionalen Merkmale unterschiedlicher Portfolios sehen können, beispielsweise das Faktor-Exposure, den Tracking Error und die Nachhaltigkeitsziele. Außerdem können wir mit diesem Tool die potenziellen Auswirkungen analysieren, die bestimmte Entscheidungen (z. B. Ausschlüsse) auf das erwartete Risiko- oder Ertragsniveau haben. Somit sind wir in der Lage, dem Kunden eine größere Bandbreite an Lösungsmöglichkeiten anzubieten.“
„Drittens kann uns der Quant-Customizer beim Produktdesign helfen. Wenn wir beispielsweise in unseren Gesprächen, in denen wir das Tool einsetzen, feststellen, dass viele Kunden ein ähnliches Produktdesign anstreben, können wir deutlicher sehen, welche Anforderungen unsere Kunden gemeinsam haben. Und wenn wir feststellen, dass verschiedene Kunden ganz ähnliche Ziele verfolgen, können wir diese Erkenntnis nutzen, um mit unserem Tool ein Produkt zu entwerfen, das auf diese gemeinsamen Ziele ausgerichtet ist.“
Zuletzt wurde deutlich, dass sich die Anforderungen der Kunden im Laufe der Zeit verändern können. Wie will das Team sicherstellen, dass das Tool dem gerecht wird?
„Seit seiner Einführung wurde der Quant-Customizer stetig weiterentwickelt und verbessert. Es sind vor allem drei Bereiche, in denen wir immer versuchen, auf dem aktuellen Stand zu bleiben: Datentechnik, Forschung und Kundenrelevanz.“
„Was die Datentechnik betrifft, so halten wir uns über die Entwicklungen der von uns verwendeten Technologien und Techniken stets auf dem Laufenden, während wir im Bereich Forschung sicherstellen, dass die Optimierungsmechanismen hinter dem Tool immer mit den neuesten Research-Entwicklungen und Erkenntnissen unseres Quant Research-Teams übereinstimmen. Was schließlich die Relevanz für den Kunden betrifft, so bemühen wir uns darum, dass das Tool immer jene Risiko-, Ertrags- oder Nachhaltigkeitsziele berücksichtigt, die für unsere Kunden eine wichtige Rolle spielen.“
Wahrscheinlich ist die Entwicklung des Quant-Customizer nicht immer ganz reibungslos verlaufen. Was waren die größten Herausforderungen?
„Bei jeder Idee oder Initiative besteht die größte Herausforderung wohl immer darin, das Konzept so weiterzuentwickeln, dass es schlussendlich das gewünschte Ergebnis hervorbringt. Beim Quant-Customizer ging es uns darum, ein ganzheitliches, gut funktionierendes und für den Kunden nützliches Tool zu entwickeln. Dies erforderte Fachwissen aus einer ganzen Reihe an Bereichen wie Datentechnik, Infrastruktur und Forschung – aber auch den Input unserer Kunden.
„Wir haben daher ein Team von Personen aus all diesen Bereichen speziell für die Entwicklung und Verbesserung dieses Tools zusammengestellt. Dieser Ansatz hilft uns, die Genauigkeit, Stabilität und Relevanz des Tools zu gewährleisten.“
„Eine große Herausforderung bestand außerdem darin, den Sweetspot bzw. das optimale Gleichgewicht zu finden zwischen der Erfüllung der Kundenbedürfnisse und einem Tool, das sich eignet, um die Portfolios in der Masse anpassen zu können. Aus unserer Sicht wollten wir den Quant-Customizer so entwickeln, dass wir ihn für verschiedene Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen einsetzen können. Deshalb ist es uns wichtig, dass der Customizer agil und flexibel bleibt.“