Der Kampf gegen die globale Erwärmung erfordert beträchtliche Investitionen. Auf Asien allein entfällt fast die Hälfte der 125 Billionen USD, die zur Erreichung der Temperaturziele des Pariser Klimaabkommens und von netto null CO2-Emissionen bis 2050 erforderlich sind.
Dennoch konzentriert sich die Finanzierung der Dekarbonisierung eher auf die entwickelten Volkswirtschaften als auf die Schwellenländer, wo sie am notwendigsten ist. Laut neuester Untersuchungen von Robeco ist ein Umdenken erforderlich, wenn Investoren nicht nur ihre Rolle im Hinblick auf das Netto-Null-Ziel wahrnehmen, sondern auch die besten Chancen beim Übergang ausfindig machen wollen.
„Dieses Jahrzehnt ist entscheidend, was den Klimawandel angeht. Die größten Anstrengungen konzentrieren sich auf die Schwellen- und Entwicklungsländer“, sagt Thu Ha Chow, Head of Fixed Income in Asien und Mitverfasserin eines speziellen Berichts zu diesem Thema mit dem Titel „Finding alpha in emerging markets’ sustainable transition“.
Wirkung fokussieren
„In den letzten zehn Jahren waren diese aufstrebenden Länder für 93 % des Anstiegs der CO2-Emissionen verantwortlich. Und in den nächsten zehn Jahren werden sie für 98 % des Wachstums der Weltbevölkerung verantwortlich sein. Das macht sie zu einem zentralen Faktor bei der globalen Energie, was die Erzielung der größtmöglichen Wirkung betrifft, um die globalen Netto-Null-Ziele erreichen zu können.“
Auch wenn die Schwellenländer von Mainstream-Anlegern weitgehend ignoriert oder sogar ausgeschlossen werden, wenn es um die Verfolgung des Netto-Null-Ziels geht, stehen die finanziellen Chancen für sie gut. „Schätzungen zufolge kostet die Emissionssenkung in diesen Ländern nur halb so viel wie in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, da es dort relativ günstig ist, in saubere Technologien zu investieren“, sagt Chow.
„In einer Studie über zehn Entwicklungsländer hat Standard Chartered festgestellt, dass jeder Dollar, der in diesen Ländern in diesem Jahrzehnt für die Anpassung ausgegeben wird, einen ökonomischen Nutzen von 12 US-Dollar stiften würde. Dies spricht für einen stärkeren Ressourceneinsatz in den Schwellenländern, wo Investitionen in die Dekarbonisierung ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten“. 1
Unzureichende Daten und Terminologie
Ein Problem ist der Mangel an verlässlichen Daten. Untersuchungen der Organisation Mobilising Institutional Capital Through Listed Product Structures (Mobilist) zeigen, dass infolge des gängigen ESG-Screenings tatsächlich Kapital aus Schwellenländern abgezogen wurde, weil wichtige Informationen fehlen.
„Ein weiteres wesentliches Problem war das Fehlen einer klaren Definition des Begriffs „Übergang“, die über die strikte Einhaltung „grüner“ Aktivitäten vor dem Hintergrund von Bedenken um Greenwashing hinausgeht“, sagt Chow. „Obwohl über zwei Drittel der Weltbevölkerung in den Schwellenländern (ohne China) leben, entfallen auf sie derzeit nur ein Drittel der globalen Energieinvestitionen und lediglich 20 % der Investitionen in saubere Formen der Energieerzeugung. Außerdem sind weltweit nur etwa 3,6 % der Pensionsfonds in diesen Ländern investiert.“
Auf diesen Mangel an Definitionen reagieren regionale Regulierungsbehörden wie die Monetary Authority of Singapore, welche die Singapore-Asia Taxonomy geschaffen hat. Es ist die erste Taxonomie weltweit, die eine Kategorie „Übergang“ enthält, welche den Bedürfnissen Asiens Rechnung trägt, während sie sich neben Hongkong und Japan als Drehscheibe für die Finanzierung der Energiewende in der Region etablieren will.
Durchschnittliche jährliche Investitionen (in Billionen US-Dollar), die für die Dekarbonisierung in den verschiedenen Regionen erforderlich sind (2021-2050). Quelle: GFANZ. 3
Zwei Wege, um Chancen zu finden
Wie können Anleger nun das Problem angehen? Es bieten sich zwei Wege an: 1. Die Nutzung der unvollkommenen Daten, um die Märkte mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, anstatt sie zu meiden, und 2. die Verfügbarkeit der richtigen Instrumente, um die besten Chancen auf Unternehmensebene zu identifizieren, so Chow.
„Unvollkommene Informationen und Marktverzerrungen können attraktive Alpha-Möglichkeiten für Anleger bieten, die imstande sind, die bestehenden Lücken am Markt zu füllen“, sagt sie. „Solche researchorientierten Investoren wollen verstehen, was hinter den Zahlen steckt, und sie wollen jenseits der bekannten Fakten nach Aspekten suchen, die am Markt möglicherweise übersehen werden. Dies gilt für die Evaluierung von Nachhaltigkeit und des Stands bei der Energiewende ebenso wie für die finanzielle Analyse.“
„In den Sektoren mit hohen Emissionen ist die Fähigkeit zum Übergang von grundlegender Bedeutung für eine Investition. Dabei sollte die Schlussfolgerung nicht darin bestehen, diese Sektoren zu meiden, sondern in die Gewinner und die Lösungsanbieter zu investieren. Es geht darum, Rahmenwerke zu entwickeln, mit denen wir glaubwürdige Übergangskandidaten ermitteln können.“
Einsatz der richtigen Rahmenwerke
Man braucht also die richtige Systematik. Robeco hat Instrumente entwickelt, die einen umfassenden Blick auf Investitionsmöglichkeiten in den Schwellenländer hinsichtlich der Sustainable Development Goals ermöglichen. Dazu verwenden wir unser selbstentwickeltes SDG-Framework, welches wir sowohl für Unternehmen als auch für Länder nutzen. Daraus kann sich ergeben, dass Branchen, die stärker auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, als Kandidaten für zukünftige Lösungen betrachtet werden, weniger als ein aktuelles Problem.
„Beispielsweise sind in Schwellenländern essentielle Aktivitäten wie die Stromerzeugung oft an CO2-intensive Anlagen gebunden“, sagt Chow. „In diesem Bereich sollten wir uns die Unternehmen ansehen, die glaubwürdige Übergangspläne haben, da sie die Hauptnutznießer der Dekarbonisierung sein werden. Dies erfordert Instrumente wie unsere geografischen Sector Decarbonization Pathways (SDPs) und unsere Traffic Light-Evaluierung“.
„Gleichzeitig sorgt Robecos breit angelegte Strategie in den Bereichen Stewardship und Engagement dafür, dass wir wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte, die über die reine Dekarbonisierung hinausgehen, genau im Auge behalten können. Dies kann die Transparenz erhöhen, an der es in den Schwellenländern mitunter mangelt, außerdem die Untätigkeit aufgrund von Bedenken hinsichtlich Greenwashing überwinden und Investitionen besser dorthin lenken, wo eine maximale Wirkung erzielt werden kann.“