23-01-2024 · Einblick

Untersuchung des Zusammenhangs zwischen ESG und Anlageperformance

Ein halbes Jahrhundert wissenschaftlicher Forschung hat gezeigt, dass Unternehmen, die ESG-Grundsätze umsetzen, überwiegend eine bessere Qualität und Finanzkraft aufweisen. Für Anlageportfolios fallen die Ergebnisse erstaunlicherweise weniger robust aus. Wir werfen einen Blick darauf, wie sich dieses Ungleichgewicht potenziell lösen lässt. Und wir erläutern, warum wir in Sachen ESG und Investments so stark überzeugt sind wie eh und je.

    Autoren/Autorinnen

  • Bart van der Grient - Researcher

    Bart van der Grient

    Researcher

  • Chris Berkouwer - Lead Portfolio Manager

    Chris Berkouwer

    Lead Portfolio Manager

  • Taeke Wiersma - Head of Research Board

    Taeke Wiersma

    Head of Research Board

ESG und finanzielle Performance

Seit einem halben Jahrhundert ist wissenschaftlich belegt, dass ein klarer Zusammenhang besteht zwischen der Nachhaltigkeit eines Unternehmens und seiner finanziellen Performance. Eine umfassende quantitative Metastudie von Friede et al. aus dem Jahr 2015 hat 2.250 veröffentlichte akademische Studien zur ESG-Performance untersucht, die sich über vier Jahrzehnte von 1970 bis 2014 erstrecken.1

Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass ESG in 62,6 % der Studien die finanzielle Performance eines Unternehmens positiv, in weniger als 10 % negativ und in den übrigen Fällen gar nicht beeinflusste. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie aus dem Jahr 2023, die die betriebliche Performance in den Jahren 2015 bis 2020 analysiert. Sie stützt die Annahme, dass die Berücksichtigung von ESG-Informationen bei den Unternehmensabläufen und -entscheidungen einen Mehrwert schaffen kann, der sowohl die Leitung als auch die Finanzperformance der Unternehmen verbessert. 2

ESG-Performance und Anlageerfolg

Intuitiv sollte man meinen, dass das, was für ein einzelnes Unternehmen funktioniert, gleichermaßen für ein Anlageportfolio funktioniert. Doch auch wenn in einem Anlageportfolio die Gesamtrenditen ebenfalls positiv mit ESG-Merkmalen korrelieren, fällt der Zusammenhang weniger robust aus. Es wurde gezeigt, dass die Portfoliorenditen in 38 % der Fälle positiv und nur in 13 % negativ von den Nachhaltigkeitsdaten beeinflusst werden (Abbildung 1). Bemerkenswert ist insbesondere, dass die Forscher zu dem Schluss kamen, dass sich ESG-Investitionen in Bezug auf die Portfoliorenditen im Durchschnitt nicht von Investitionen unterscheiden, die ESG nicht berücksichtigen.3 Andere sehr einflussreiche Arbeiten haben überdies gezeigt, dass die Renditen tatsächlich geringer ausfallen, wenn nachhaltige Ansätze umgesetzt werden, beispielsweise Ausschlüsse zur Vermeidung bestimmter Aktienarten (z. B. „Sündenaktien“).4 Warum aber werden die Auswirkungen von etwas, das für die Unternehmen so gut funktioniert, neutralisiert, wenn es um ein Anlageportfolio geht?

Warum aber werden die Auswirkungen von etwas, das für die Unternehmen so gut funktioniert, neutralisiert, wenn es um ein Anlageportfolio geht?

Abbildung 1 – ESG-Auswirkungen auf die unternehmerische Finanzperformance und die Performance eines Anlageportfolios (2015-2020)

Abbildung 1 – ESG-Auswirkungen auf die unternehmerische Finanzperformance und die Performance eines Anlageportfolios  (2015-2020)

Quelle: Atz, U. van Holt, T. et al. „Does sustainability generate better financial performance? review, meta-analysis, and propositions.“ Journal of Sustainable Finance & Investment, 2022

Präferenzen der Anleger beeinflussen maßgeblich die Performance-Ergebnisse

Eine einfache Erklärung liegt darin, dass sich viele ESG-Anlagestrategien nicht auf die finanziell relevanten ESG-Informationen konzentrieren. Mit anderen Worten auf ESG-Faktoren, die einen erheblichen – positiven oder negativen – Einfluss auf das Geschäftsmodell und die Werttreiber eines Unternehmens haben könnten, darunter Umsatzwachstum, Margen, Kapitalbedarf und Risiko. Die Analysten müssen sich auf die richtigen Indikatoren konzentrieren und verstehen, wie sie sich auf die Performance in den einzelnen Sektoren auswirken. So sind etwa ökologische Indikatoren, beispielsweise die CO₂-Emissionen, für energieintensive Industriebetriebe relevanter als beispielsweise für Dienstleistungs- oder Finanzunternehmen. Und wie immer kommt es darauf an, ob diese wesentlichen Indikatoren vom Markt bereits eingepreist sind oder nicht.

Abgesehen von den finanziell wesentlichen ESG-Informationen gibt es aber auch andere, komplexere Faktoren, die die Auswirkungen auf ein Anlageportfolio verkomplizieren. Denn während sich die Unternehmen vor allem auf Rentabilität, Wachstum und Aktienperformance konzentrieren, sind für viele Investoren, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, neben den bloßen Gewinnen und Renditen auch andere Beweggründe maßgeblich. So bevorzugen diese Investoren Geldanlagen, die mit ihren persönlichen Weltanschauungen und normativen Wertesystemen in Einklang stehen. Mitunter sind sie möglicherweise sogar bereit, geringere Finanzerträgen in Kauf zu nehmen, um bei anderen Kennzahlen besser abzuschneiden, beispielsweise um sicherzustellen, dass sie gar nicht oder nur geringfügig in „Sündenaktien“ etwa aus den Sektoren Online-Glücksspiele, Tabak oder Waffen investiert sind.

Für viele Investoren sind neben den bloßen Gewinnen und Renditen auch andere Beweggründe maßgeblich

Viele nachhaltigkeitsorientierte Investoren wollen aber nicht nur „schwarze Schafe“ meiden, sondern ihr Portfolio aktiv auf Unternehmen ausrichten, die „höhere“ Wertemaßstäbe erfüllen. Diese Investoren, die man als „Impact-Investoren“ bezeichnen könnte, zielen darauf ab, ihr Kapital proaktiv in Unternehmen und Sektoren zu investieren, deren Produkte einen Beitrag zur Lösung der globalen Herausforderungen leisten. So verwenden etwa Anlagestrategien, die sich auf die Klimakrise, die Knappheit der Ressourcen, die Zerstörung von Lebensräumen, die ungleiche Behandlung von Arbeitskräften oder die Verletzung von Menschenrechten konzentrieren, einen Investitionsansatz, der auf positiven Impact abzielt.

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Wie Sustainable Investing funktioniert

Die Robeco-Erfahrung – Gewinner auswählen, Verlierer vermeiden, die positive Wirkung in der Realität verstärken

Robeco stützt sich auf jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit, die es uns ermöglicht, ein breites Spektrum an Anlagezielen und -präferenzen in den verschiedenen Anlageklassen individuell und effektiv zu berücksichtigen. Unsere fundamentalorientierten Aktienstrategien nutzen ESG in erster Linie als Möglichkeit, um Alpha zu generieren. Für unsere Robeco Sustainable Global Stars Equities-Strategie wurde sogar der Beitrag berechnet, den ESG zur Performance beiträgt (Attribution). Diese Berechnungen zeigen, dass die Integration verschiedener ESG-Dimensionen in die aktive Aktienauswahl im Zeitraum 2017 bis 2022 für 22 % der Überschussrendite der Strategie verantwortlich war (Abbildung 2).5

Abbildung 2 – ESG-Beitrag zur Performance in einem nachhaltigen Aktienportfolio

Abbildung 2 – ESG-Beitrag zur Performance in einem nachhaltigen Aktienportfolio

Quelle: Robeco, Sustainable Global Stars Equities-Strategie, 2017-2022

Unsere Anleihestrategien, die stärker darauf abzielen, Zahlungsausfälle zu meiden, verwenden hingegen ESG-Analysen, um die Portfolios vor Verlustrisiken zu schützen. Im Jahr 2022 führte die Einbeziehung von ESG in unsere internen fundamentalen Scoring-Analysen in 29 % der Fälle zu einer finanziell bedeutenden Auswirkung, 22 % bezogen sich auf den Schutz vor Kursverlusten und 6 % auf die Nutzung von nicht eingepreisten Kursgewinnen bei Anleihen.

Das schnell wachsende Volumen an verfügbaren Daten hat unsere quantitativen Anlageteams zudem in die Lage versetzt, algorithmische Modelle zu entwickeln, um Nachhaltigkeitssignale zu erfassen, die das Risiko-Rendite-Profil eines Portfolios verbessern. Wie erwähnt, ist es für Anleger zunehmend wichtig, neben der Risikominderung, der Kapitalerhaltung oder der Erzielung von Alpha auch einen positiven Beitrag zur realen Welt zu leisten. Vor dem Hintergrund dieser veränderten Anlegerpräferenzen hat unser Quant-Team ein Tool entwickelt, das Portfolios individuell unter Berücksichtigung der Renditeerwartung, der Risikobereitschaft und der Nachhaltigkeitseigenschaften (z. B. CO2-Fußabdruck, SDG-Impact) optimiert.

Wachsamkeit und Innovation gefragt

Unsere Überzeugung, dass Nachhaltigkeit einen Mehrwert erzeugt, wird durch umfassende interne und externe Untersuchungen gestützt. Wir wissen aber auch, dass sich die Marktdynamik mit der Zeit ändern kann. Wie es auch bei anderen Analyseformen der Fall ist, kann der positive Einfluss von finanziell wesentlichen ESG-Daten auf die Rendite schnell nachlassen, sobald immer mehr Marktteilnehmer deren Vorteile entdecken und für sich nutzen. Daher sind Wachsamkeit und ständige Innovation gefragt. Wir verbessern unsere Research-Kapazitäten weiter, indem wir zusätzliche Datenquellen hinzufügen, neue Modelle und Rahmenwerke entwickeln und die Ergebnisse in die Anlagestrategien im gesamten Spektrum an Anlageklassen integrieren.

Klicken Sie hier, um die neueste Fassung des „Big Book of Sustainable Investing“ von Robeco zu lesen.


The Big Book of Sustainable Investing

This article is based on a chapter in the Big Book of SI.

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Fußnoten

1 Friede, G. Busch, T. und Bassen, A. „ESG and Financial Performance: Aggregated Evidence from More than 2000 Empirical Studies.” (2015). Journal of Sustainable Finance & Investment, 5:4, 210-233
2 Atz, U. van Holt, T. et al. „Does sustainability generate better financial performance? review, meta-analysis, and propositions.“ (2022). Journal of Sustainable Finance & Investment.
3 Harrison, H. und Kacperczyk, M. (2009). „The Price of Sin: The Effects of Social Norms on Markets“, Journal of Financial Economics, S. 93-101
4 Die Robeco Sustainable Global Stars Equities-Strategie verwendet den MSCI World EUR-Index als Referenzindex.