Biodiversität als wirtschaftliche Notwendigkeit
Bei der Erhaltung der Biodiversität geht es nicht bloß darum, eine gefährdete Froschart in Südamerika oder eine seltene Orchidee in Asien zu retten – so wichtig das auch ist. Es wächst das Bewusstsein, dass dies zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit geworden ist, und Investoren können dazu beitragen.
Laut World Economic Forum (WEF) hängt mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung in Höhe von 44 Billionen US-Dollar in irgendeiner Form moderat bis stark von der Natur ab. In der Lebensmittelproduktion ist das Verhältnis sogar noch höher. So sind über 75 % der weltweiten Nutzpflanzen, einschließlich Obst und Gemüse, von der Bestäubung abhängig.1 Wenn natürliche Systeme zusammenbrechen, zum Beispiel wegen des Verlusts an Bienen und anderen Bestäubern, werden auch unsere Wirtschafts- und Finanzsysteme zusammenbrechen.
Und doch schwindet die Biodiversität so schnell – vor allem durch die in vielen Teilen der Welt immer noch andauernde Abholzung –, dass Wissenschaftler glauben, wir befänden uns mitten im sechsten großen Artensterben. Sie ist auch ein wichtiger Faktor im Hinblick auf den Klimawandel, da die Biodiversität eine Rolle bei der Aufnahme von CO2 aus der Luft spielt. Die Erhaltung der Biodiversität, insbesondere die Umkehrung der Entwaldung, wird als eine Lösung im Kampf gegen die globale Erwärmung angesehen.
Abgesehen vom unwiderruflichen Verlust bestimmter Arten bedeutet dies einen wirtschaftlichen Verlust von mindestens 479 Milliarden US-Dollar pro Jahr.2 Im Jahr 2022 wurde die Schifffahrt auf den Flüssen Europas durch Dürreperioden zum Erliegen gebracht. Dies hatte den Verlust von Industriegütern zur Folge, die nicht verschifft werden konnten. Inzwischen sind etliche Immobilien wegen der Gefahr von Überschwemmungen, Waldbränden oder Erdrutschen in Küstenregionen nicht mehr versicherbar.
Aussterberisiken gemäß der Red List der International Union for Conservation of Nature (IUCN). Quelle: IPBES
Was genau ist Biodiversität?
Die Convention on Biological Diversity definiert sie als „die Variabilität zwischen Organismen aller Herkunft, einschließlich terrestrischer, mariner und anderer aquatischer Ökosysteme und der ökologischen Umfelder, zu denen sie gehören. Dazu gehört die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten und in den Ökosystemen.“
Ökosysteme sind funktionelle Einheiten aus Lebendigem (Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen) und Nicht-Lebendigem (Luft, Mineralien, Wasser), die zusammenwirken und Wälder, Feuchtgebiete, Grasland, Korallenriffe oder andere Naturräume bilden. Der Begriff „Natur“ umfasst das Lebendige und das Nicht-Lebendige, wobei in der Praxis Natur und biologische Vielfalt oft synonym verwendet werden.
Leistungen des Ökosystems sind die Güter und Services, die wir aus der Natur erhalten. Dazu gehören Lebensmittel, Wasser, Fasern, Holz und Arzneimittel, sowie kulturelle Services wie Gärten, Parks und Küsten. Die natürlichen Prozesse bewahren und regenerieren auch den Boden, kontrollieren Überschwemmungen, filtern Schadstoffe, nehmen Abfälle auf, bestäuben Pflanzen, halten den Wasserkreislauf aufrecht, regulieren das Klima und erfüllen viele weitere Funktionen.
Insgesamt ist die Biodiversität für gesunde Ökosysteme unverzichtbar, während der Verlust an biologischer Vielfalt deren Grundlage untergräbt. Ohne die Leistungen des Ökosystems wäre unsere Wirtschaft und Gesellschaft in der Form, wie wir sie kennen, nicht möglich. Die Wechselwirkungen zwischen den biologischen Elementen, die unsere Nahrungsketten bilden, haben sichergestellt, dass die Erde mit ihrer Vielzahl von Arten an Land und im Meer seit Millionen von Jahren bewohnbar ist.
Fünf Ursachen für den Verlust an Biodiversität
Doch jetzt ist sie bedroht wie nie zuvor. Die Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Service's (IPBES) Global Assessment of 2019 hat fünf Hauptursachen für den Verlust an Biodiversität identifiziert: 3
Nutzung von Land, Süßwasser und Meeren: Dies ist auf die Abholzung der Wälder und die Ausweitung der Landwirtschaft an Land sowie die Überfischung der Meere zurückzuführen, welche den steigenden Bedarf der wachsenden Weltbevölkerung widerspiegeln. Rund 420 Millionen Hektar Wald – eine Fläche halb so groß wie die USA – und 86 % der Feuchtgebiete sind seit 1990 verlorengegangen. Gleichzeitig waren 23 % der Flächen weltweit von Degradation betroffen. Rund 30 % der Fischbestände sind durch Überfischung gefährdet.
Klimawandel: Aufgrund ständiger Emissionen in die Atmosphäre hat sich die Welt seit Beginn der Industriellen Revolution im 18. Jahrhundert um 1,2 Grad Celsius erwärmt. Dies führt zu extremeren Wetterereignissen wie stärkeren Wirbelstürmen, Waldbränden, Überschwemmungen und Dürren. Daher bleibt nur noch wenig Zeit, um bis zum Jahr 2050 CO2-Neutralität zu erreichen.
Umweltverschmutzung: Die Verschmutzung durch Chemikalien und giftige Abfälle ist tödlich für die Artenvielfalt. Der Einsatz von Pestiziden tötet Bienen und andere wichtige Bestäuber, die für unsere Lebensmittelversorgung von entscheidender Bedeutung sind. Im Jahr 2050 wird die Menge an Plastik in den Ozeanen voraussichtlich größer sein als das Gewicht der darin lebenden Fische. 80 % aller Abwässer, einschließlich der menschlichen Abwässer, werden nicht gereinigt.
Direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen: Branchen wie der Bergbau sind für den Verlust von Lebensräumen verantwortlich, der zur größten Bedrohung für das Überleben der Arten an Land geworden ist. Die Wiederherstellung von nur 15 % der Ökosysteme könnte das Artensterben um 60 % reduzieren und gleichzeitig der lokalen Wirtschaft zugutekommen.4 Paradoxerweise geht die Gewinnung von Materialien, die für den Übergang zu netto null CO2-Emissionen unerlässlich sind, z.B. Lithium zur Nutzung in Elektroauto-Batterien, oft zulasten der Umwelt.
Invasive Arten: Als Folge der globalisierten Wirtschaft und der Zunahme des modernen Tourismus hat das Einschleppen nicht-heimischer Arten zu 40 % des Artensterbens seit Beginn der Kolonialzeit im 17. Jahrhundert beigetragen. Die von invasiven Schädlinge verursachten Kosten in den besiedelten Teilen der Welt, darunter Australien, Brasilien und die USA, werden auf 137 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt.5
Zusammenhang mit dem Klimawandel
Der Verlust an Biodiversität ist untrennbar mit dem Klimawandel verbunden – in der Tat werden beide oft als zwei Seiten derselben Medaille gesehen. Die Ozeane sind die größte CO2-Senke der Welt, da sie Emissionen absorbieren und gleichzeitig Sauerstoff abgeben. Die zunehmende Versauerung der Ozeane zusammen mit der unablässigen Verschmutzung hat laut IPBES dazu geführt, dass 40 % der Weltmeere beeinträchtigt sind.
Die Abholzung der Wälder verschärft den Klimawandel, da bei der Abholzung von Bäumen Milliarden Tonnen an Treibhausgasen freigesetzt werden – speziell wenn sie zur Gewinnung von Landflächen verbrannt werden. Durch den Verlust der Bäume wird gleichzeitig eine der größten CO2-Senken der Welt reduziert, die wie die Ozeane sowohl Emissionen absorbieren als auch Sauerstoff freisetzen. Nach Angaben des World Economic Forum ist allein die Abholzung der Wälder für etwa 17 % der globalen Erwärmung verantwortlich.6
Die Erhaltung von Wäldern und anderen Ökosystemen wie Torfmooren wird daher als entscheidend für das Erreichen des Ziels des Pariser Klimaabkommens von 2015 angesehen, den globalen Temperaturanstieg bis Ende dieses Jahrhunderts auf 2 °C (idealerweise auf 1,5 °C) zu begrenzen. Laut IPBES könnte Wiederaufforstung die Emissionen bis 2030 um bis zu 11,7 Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr senken. Das entspricht mehr als 40 % der zur Begrenzung der globalen Erwärmung erforderlichen Menge.
Korrektur des Trends
Die Lösung liegt in der Korrektur des Trends, d.h. darin, die fünf Ursachen für den Verlust an Biodiversität aufzuhalten und umzukehren, indem die Folgen der menschlichen Produktion und des Konsums verringert werden. Das Global Biodiversity Framework, das 2022 in Kunming-Montreal von 188 Ländern unterzeichnet wurde, sieht vor, dass der Trend bis 2030 unbedingt korrigiert werden muss. Dies zeigt die nachstehende Tabelle:
Quelle: Robeco, Bloomberg. 7
Wie das Pariser Klimaabkommen verlangt dieses Abkommen von den Ländern, Pläne und Ziele zu entwickeln und umzusetzen, die den Übergang zu einer naturverträglicheren Wirtschaft ermöglichen. Von Unternehmen und Investoren wird erwartet, dass sie ihre diesbezüglichen Risiken und Chancen offenlegen und ihre Geschäftspraktiken und Investitionen auf die Ziele abstimmen. Das Abkommen von Kunming und Montreal bedeutet eine Neuausrichtung unseres Verhaltens.
Verstärkte Naturschutzbemühungen werden jedoch nicht ausreichen, um einen Nettoverlust an Biodiversität zu verhindern. Man muss die Art und Weise, wie Waren produziert und konsumiert werden, entscheidend verändern. Wir müssen es der Natur ermöglichen, unsere Anforderungen an sie zu erfüllen, damit sie weiterhin alle von uns benötigten Dienste und Leistungen erbringen kann. Wir sind auf die Natur angewiesen, um eine bewohnbare und intakte Erde zu haben: Ohne sie können wir keine gesunde Gesellschaft oder Wirtschaft haben. Es gibt keinen „Planeten B“.
Heatmap-Analysen
Untätigkeit ist für Investoren keine Option. Der erste Schritt besteht darin, das Exposure gegenüber möglichen naturbezogenen Risiken zu bewerten. Im Einklang mit den Empfehlungen der Task Force on Nature-Related Financial Disclosures (TNFD) hat Robeco untersucht, welcher Anteil des von uns verwalteten Vermögens (AuM) Ende 2023 in Sektoren mit hoher oder sehr hoher Auswirkung und Abhängigkeit von der Natur investiert war.
Wir haben die Auswirkungen und Abhängigkeiten des Sektors klassifiziert, indem wir Daten von Dritten und unsere interne Expertise im Bereich Nachhaltigkeit kombiniert haben. Wir haben auch Sektoren mit hoher Priorität berücksichtigt, die von externen Organisationen wie der TNFD definiert wurden. Die Analyse ergab Folgendes:
45 % unserer AuM waren in Sektoren mit hohen oder sehr hohen Auswirkungen investiert. Dazu gehören die Branchen Basiskonsum, Energie, Rohstoffe, Banken und Pharma. Die Sektoren Versorger, Transport und Immobilien haben ebenfalls starke Auswirkungen auf die Natur.
19 % entfielen auf Sektoren, die in hohem oder sehr hohem Maße von der Natur selbst abhängig sind. Angeführt wurden diese von den naheliegenden Bereichen Lebensmittel und Getränke und Haushaltsprodukte sowie Biotechnologie und Biowissenschaften, aber auch von weniger offensichtlichen Branchen wie dem Sektor Telekommunikation.
Source: Robeco, 31 December 2023
Geschäftschancen in Billionenhöhe
Gleichzeitig bietet die Natur viele Chancen, die zunehmend ins Bewusstsein rücken. Der Übergang zu einer naturverträglicheren Wirtschaft könnte bis 2030 Geschäftschancen in Höhe von 10 Billionen US-Dollar erschließen und 395 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Dies ergibt sich aus dem WEF-Report Future of Nature and Business.
Möglichkeiten der Anlage in das Thema Biodiversität. Quelle: Robeco.
Es gibt zwei Hauptmöglichkeiten. Die erste ist der Übergang zum Schutz der Biodiversität. Veränderungen bei Produktionsmethoden und Konsumverhalten betreffen eine Branche mit einer Marktkapitalisierung von 2,3 Billionen US-Dollar. Die zweite Möglichkeit liegt in den verfügbaren Lösungen. Wie geht man also vor?
Hier können wir die „Kurve krümmen“, d. h. den Biodiversitäts- (und CO2-) Fußabdruck von Produktion und Verbrauch verringern, indem wir die fünf Hauptursachen für den Verlust an biologischer Vielfalt wie folgt nutzen:
Nutzung von Land, Süßwasser und Meeren: Dies ist der bei weitem größte Bereich zur Verringerung des Verlustes an Biodiversität. Es bieten sich vielfältige Anlagechancen, von einer effizienteren Landbewirtschaftung und der Wiederherstellung von Wäldern oder Feuchtgebieten bis hin zu größerer Produktion von Biolebensmitteln und der Entwicklung von Fleischalternativen. Es geht auch um die Verringerung von Lebensmittelabfällen, die Umgestaltung von Produkten und das Recycling von Materialien, um die Verwendung neuer Rohstoffe im Baugewerbe, in der Bekleidungsindustrie, in der Chemieindustrie und anderen rohstoffintensiven Branchen zu verringern.
Die Anlagemöglichkeiten erstrecken sich auf den Acker-, Obst- und Gemüseanbau, die Entwicklung von Alternativen zu Pestiziden und stickstoffreichen Düngemitteln sowie den Aufbau einer „grüneren“ Infrastruktur. Der Markt für umweltfreundliche Möbel, bei denen Holz aus nachhaltigen Quellen verwendet wird, wächst jährlich um 7 % auf 38 Mrd. USD. Natürliche Körperpflegeprodukte, die biologisch basierte Inhaltsstoffe anstelle von Chemikalien verwenden, repräsentieren einen Markt mit einem Volumen von rund 13 Milliarden USD.8
Der Markt für Biolebensmittel und -getränke hatte im Jahr 2023 ein Volumen von rund 350 Mrd. US-Dollar und soll bis 2026 ein Volumen von 500 Mrd. Dollar erreichen. Dabei wird ab 2019 ein jährliches Wachstum von 30 % erwartet. Ein Teil der Anziehungskraft dieses Marktes besteht darin, dass die Käufer – häufig Millennials – bereit sind, einen Mehrpreis für Lebensmittel zu zahlen, die nicht unter Einsatz von Pestiziden erzeugt wurden.
Prognostizierter Markt für Biolebensmittel. Quelle: Robeco
Klimawandel: Angeführt von Solar- und Windenergie ist der größte Markt der für erneuerbare Energien und die dahinter stehende Technologie. Der Ausbau der Stromnetze, die für die Bereitstellung von Elektrizität benötigt werden, ist von entscheidender Bedeutung. Dieser Bereich macht 30 % aller für den Übergang zu erneuerbaren Energien erforderlichen Investitionen aus. „Grüner“ Wasserstoff ist auch ein potenziell riesiger Markt, insbesondere im Hinblick auf den Schwerlastverkehr wie Lkw und Schiffe.
Elektroautos bieten eine Möglichkeit, die 1,2 Milliarden benzinbetriebenen Fahrzeuge in der Welt langsam abzulösen. Die CO2-Abscheidung und -speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS), welche die Emission von CO2 in die Atmosphäre vermeidet, ist immer noch ein kleiner Markt mit einem Volumen von etwa 1,2 Mrd. USD, der jedoch um etwa 20 % pro Jahr wächst. Weltweit sind mehr als 300 CCS-Projekte geplant, mit dem Ziel, bis 2030 jährlich 220 Millionen Tonnen CO2 abzuscheiden. Es wird erwartet, dass in Entstehung befindliche Technologien wie die direkte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre an Bedeutung gewinnen und bis 2030 voraussichtlich 60 Millionen Tonnen CO2 abscheiden werden.9
Umweltverschmutzung: Der beste Weg zur Bekämpfung von Verschmutzung ist der, sie gar nicht erst in die Atmosphäre oder in die Gewässer gelangen zu lassen. Das Marktpotenzial für technische Lösungen, die Einwegplastikflaschen überflüssig machen, ist enorm. Gegenwärtig werden 80 % der Einwegplastikflaschen nach dem Verbrauch weggeworfen, und ein Großteil davon verschmutzt die Meere. Die Lösungen konzentrieren sich hier auf Recycling-Technologien und die Entwicklung wiederverwendbarer, biologisch abbaubarer Behälter, die ohne Umweltschäden entsorgt werden können.
Der Markt für die Aufbereitung industrieller Abwässer hat ein Volumen von 12,5 Mrd. US-Dollar, während der Markt für die Entsorgung gefährlicher Abfälle mit 70 Mrd. Dollar wesentlich größer ist. Die Entwicklung natürlicherer Düngemittel gilt als Schlüssel zur Lösung der Stickstoffkrise, bei welcher Stickstoff in die Wasserläufe gelangt und die Bodenqualität allmählich verschlechtert. Lösungen zur Verhinderung der Versauerung, die auch die Auswirkungen von Pestiziden und Düngemitteln neutralisieren, können weiter dazu beitragen, die Beeinträchtigung von Lebensräumen in Flüssen zu verringern.
Direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen: Wiederaufforstung und nachhaltige Forstwirtschaft sind zu einer wichtigen Anlagemöglichkeit geworden, ebenso wie die Berücksichtigung der Biodiversität in der Infrastruktur. Beispielsweise wächst der Markt für Dachbegrünungen, bei denen Pflanzen in die Flachdächer von Gebäuden integriert werden, um etwa 15 Prozent pro Jahr. Auch die Einplanung von Grünflächen bei der Stadtentwicklung ist in vielen Ländern inzwischen obligatorisch.
Ein weiterer Markt betrifft rückverfolgbare Materialien. Dabei liegt der Fokus auf einer nachhaltigere Produktion von Lebensmitteln und Fasern sowie auf einer effizienteren Nutzung von Rohstoffen. Die Zertifizierung von Palmöl, die sicherstellt, dass die Plantagen nachhaltig bewirtschaftet werden und neues Wachstum keine Abholzung verursacht, hat den Druck auf diesen wertvollen Rohstoff recht erfolgreich verringert.
Dort, wo die Umwelt bereits durch Industrien wie Bergbau geschädigt wurde, ist die Sanierung ehemaliger Industriestandorte ein Markt, dessen Volumen auf 92 Mrd. US-Dollar geschätzt wird. Ein immer wichtigerer Weg zum Umgang mit diesem Faktor, besteht darin, natürliche Ressourcen gar nicht erst auszubeuten, sondern vorhandene Ressourcen zu recyceln oder aufzuarbeiten – also ein schrittweiser Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft.
Invasive Arten: Die Anlagemöglichkeiten im Zusammenhang mit der Bekämpfung invasiver Arten sind viel spezieller und konzentrieren sich auf die „Biosicherheit“, d.h. vor allem die Verhinderung des Eindringens nicht heimischer Tier- oder Pflanzenarten in ein Gebiet. Zu den Anlagekandidaten gehören Unternehmen, die Technologien zur Erkennung von Insekten entwickeln, die in Containern mit Früchten transportiert werden und die einheimische Tierwelt stören können, wenn sie an Land gelangen.
Das Aufspüren von Parasiten, die im Ballastwasser von Schiffen gefunden werden und dann in die örtlichen Gewässer gelangen, ist ein weiteres Mittel zur Verhinderung invasiver Arten. Mit Hilfe von Biosicherheits-Technologie können auch bereits präsente Arten überwacht werden, um ihre Auswirkungen zu steuern oder zu verringern.
Wege für institutionelle Anleger
Institutionelle Anleger, die nach einem effizienten Mittel suchen, um all diese Möglichkeiten zu nutzen, können dies auf drei Wegen tun. Die erste besteht darin, ein maßgeschneidertes Anlageprodukt mit Ausrichtung auf das Thema Biodiversität zu suchen, das direkt auf die Aktien von Unternehmen abzielt, die Lösungen für die fünf Ursachen anbieten. Robeco hat im Jahr 2022 seine eigene Biodiversity Equities-Strategie aufgelegt. Inzwischen gibt es viele davon auf dem Markt, obwohl der Bereich noch als Nische und relativ neu gilt.
Eine andere Möglichkeit ist die Suche nach Investmentfonds, die auf die Sustainable Development Goals (SDGs) abzielen. So sind drei der 17 Ziele direkt mit der biologischen Vielfalt verbunden – SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz), SDG 14 (Leben unter Wasser) und SDG 15 (Leben an Land) – während mehrere andere damit zusammenhängende Themen abdecken, wie SDG 7 (Bezahlbare und saubere Energie) und SDG 12 (Nachhaltige/r Konsum und Produktion). Diese Fonds sind auf Unternehmen ausgerichtet, die einen positiven Beitrag zu einem oder mehreren der Ziele leisten können.
Eine dritte Möglichkeit besteht darin, Investitionen in Biodiversität entweder thematisch oder als eine Form des Impact Investing zu betrachten und nach thematisch orientierten Fonds oder Dachfonds zu suchen, die speziell auf das Thema Umwelt ausgerichtet sind. Ein zusätzlicher Bonus ist, dass viele von ihnen als Fonds gemäß Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) eingestuft sind. Damit stellen sie ein messbares Mittel dar, um das Engagement eines Anlegers für langfristige Nachhaltigkeit zu zeigen.
Aktuelle Einblicke zum Thema Nachhaltigkeit
Es ist jetzt ein Muss, kein Extra
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Erhalt der Biodiversität enorme Anlagemöglichkeiten bietet und sich zu einem Muss entwickelt, anstatt nur ein Extra für die meisten nachhaltigen Investoren zu sein. Wie im Fall des Klimawandels wird die Beibehaltung des Status quo in der Zukunft zu enormen wirtschaftlichen Verlusten führen und unsere Lebensweise weiter beeinträchtigen. Wir können den Marktmechanismus nutzen, um eine positive Wirkung zu erzielen und trotzdem finanzielle Erträge zu erzielen. Aber zuerst müssen wir lernen, mit der Natur zu arbeiten und nicht gegen sie.
fußnoten
1Herweijer et al., Nature Risk Rising: Why the crisis engulfing nature matters for business and the economy, World Economic Forum, 2020
2https://naturalcapital.finance/wp-content/uploads/2020/06/Beyond-Business-as-Usual-EN.pdf
3https://www.unep.org/news-and-stories/story/5-key-drivers-nature-crisis
4Restoring Converted Land Could Help Mitigate Climate Change (azocleantech.com)
5Invasive Pests and Diseases (usda.gov)
6https://www.weforum.org/agenda/2017/06/drones-plant-100000-trees-a-day/
7Illustration adapted from Leclère et al, Nature, 2020, Adam Islaam International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Citi Research & Global Insights.
8Quellen für die Angaben zu den Marktgrößen: Analysen von Robeco, Global Market Insights GrandView Research, EMR, MENAFN, Allied Market Research, OMR. Einschätzung mit Stand 1. Quartal 2022.
9https://www.iea.org/reports/direct-air-capture