02-10-2024 · Einblick

5-Faktoren-Modell von Fama und French: Warum mehr nicht immer besser ist

Fama und French haben ihr bekanntes 3-Faktoren-Modell um zwei zusätzliche Faktoren erweitert, nämlich „Investment“ und „Profitability“. Daraus entstand das 5-Faktoren-Modell von Fama und French. Doch bietet dieses neue Modell wirklich bessere Prognosen für die Aktienrendite oder erhöht es nur die Komplexität?

    Autoren/Autorinnen

  • David Blitz - Chief Researcher

    David Blitz

    Chief Researcher

  • Pim van Vliet - Head of Conservative Equities and Chief Quant Strategist

    Pim van Vliet

    Head of Conservative Equities and Chief Quant Strategist

  • Dr. Matthias Hanauer - Researcher

    Dr. Matthias Hanauer

    Researcher

Drei Experten von Robeco auf dem Gebiet der empirischen Preisfindung bei Vermögenswerten äußern ihre Meinungen zum 5-Faktoren-Modell von Fama und French. Sie erkennen zwar die bedeutenden Beiträge an, die Fama und French zur Literatur über die Preisfindung bei Vermögenswerten geleistet haben, sehen dieses erweiterte Modell jedoch kritisch.

Was ist das 5-Faktoren-Modell von Fama und French?

Die Nobelpreisträger Eugene Fama und Kenneth French haben ihr ursprüngliches 3-Faktoren-Modell 20151 um zwei Faktoren erweitert: „Investment“ und „Profitability“. Das 19932 eingeführte 3-Faktoren-Modell von Fama und French erklärt Aktienrenditen anhand von drei Hauptfaktoren: Marktrisiko, Size und Value.

  • Size-Effekt: Aktien mit geringerer Marktkapitalisierung erzielen in der Regel höhere Renditen als Aktien mit hoher Marktkapitalisierung, basierend auf historischen Daten.

  • Value-Effekt: Aktien mit niedrigem Kurs-Buchwert-Verhältnis schneiden im Allgemeinen besser ab als solche mit hohem Kurs-Buchwert-Verhältnis.

In ihrem aktualisierten 5-Faktoren-Modell ergänzten Fama und French:

  • Profitability-Faktor: Aktien mit hoher operativer Rentabilität weisen in der Regel eine bessere Performance auf.

  • Investment-Faktor: Aktien von Unternehmen mit einem hohen Wachstum des Gesamtvermögens bieten tendenziell unterdurchschnittliche Renditen.


Diese beiden neuen Faktoren werden bei Anlagen häufig als Quality-Faktoren bezeichnet.

Kritik am 5-Faktoren-Modell von Fama und French

Wir haben drei Experten von Robeco, die kürzlich einen Research-Artikel zu diesem Thema im Journal of Portfolio Management3 veröffentlicht haben, gefragt, was sie von diesem neuen Modell halten. Pim van Vliet, Portfoliomanager Conservative Equities, David Blitz, Head of Quantitative Equity Research, und Matthias Hanauer, Quantitative Researcher, sprechen darüber, was die Modellerweiterung bedeutet.

Die Hinzunahme weiterer Faktoren hat Nachteile

Pim van Vliet sieht in der Hinzunahme von zwei weiteren Quality-Faktoren eine große Veränderung gegenüber dem alten Modell. „Wenn man das Marktrisiko beiseite lässt, bedeutet das neue Modell effektiv eine Verdopplung der Faktorenanzahl auf vier. Diese Faktoren stehen alle in einer Wechselbeziehung zueinander, was eine Zusammenfassung des Querschnitts der Aktienrenditen schwieriger macht.“

David Blitz sieht den Ansatz in Bezug auf die empirische Forschung ebenfalls kritisch: „Man kann diesen Ansatz sogar als eine Form von Tautologie betrachten; denn Fama und French verwenden fünf Faktoren, um die Renditen ebendieser fünf Faktoren zu erklären.

Die beiden neuen Faktoren (Profitability und Investment) dienen somit dazu, ihre eigene Performance zu erklären. Mir wäre es lieber, sie würden darlegen, dass sich mit sehr wenigen Faktoren die Performance der vielen Faktoren erklären lässt, die man in der Literatur vorfindet. Das machen Fama und French zwar in einem weiteren Papier, aber eigentlich sollte es die Grundlage ihrer Studien sein.“

Das Papier schließt eine Lücke in der Fachliteratur.

Momentum und Low Volatility ignoriert

Was Van Vliet mehr überrascht, sind die Faktoren, die die beiden Wissenschaftler nicht einbezogen haben. „Momentum wird auch im neuen Modell ignoriert, obwohl dieser Faktor in akademischen Kreisen auf breiter Basis akzeptiert wird und schon seit 20 Jahren Gegenstand der Diskussion ist.“

Außerdem haben Fama und French den Low Volatility-Faktor ausgelassen, was für Blitz jedoch keine so große Überraschung ist. „Es gibt einen praktischen Grund dafür, diesen Faktor auszuschließen; denn er lässt sich nicht ohne Weiteres mit dem Marktrisikofaktor aus dem 3-Faktoren-Modell kombinieren“, erläutert er. „Der mit dem Beta-Faktor im Capital Asset Pricing Model vergleichbare Marktfaktor nimmt bei höherem Risiko nach wie vor höhere Renditen an, während ein Low-Volatility-Faktor vom Gegenteil ausgehen würde. Ein alternativer Ansatz wäre, den Marktfaktor ganz wegzulassen. Aber zu diesem radikaleren Schritt haben sie sich nicht entschlossen.“

Voreilige Ergänzung mit Quality-Faktoren

Blitz ist der Auffassung, dass Fama und French die beiden neuen Faktoren voreilig hinzugefügt haben. „Die beiden Faktoren, die sie neu hinzugenommen haben, wurden erst vor relativ kurzer Zeit entdeckt, und die Forschungsarbeiten zu diesen Faktoren in verschiedenen Märkten und Zeitabschnitten sind bislang begrenzt.“

Hanauer fände eine andere Definition von zwei Faktoren, die sich auf Qualität beziehen, passender: „Sie haben die zwei Faktoren hinzugenommen, aber es ist nicht klar, warum sie genau diese Definitionen verwendet haben. Meiner Meinung nach wäre es logischer gewesen, die Definition von Bruttorentabilität von Robert Novy-Marx4 zu verwenden.“

Zwei Faktoren hinzuzunehmen, ist ein großer, in gewisser Hinsicht aber auch eher bescheidener Schritt, meint Blitz. „In dem AQR-Papier ‚quality minus junk‘ werden 20 zugrunde liegende Qualitätsvariablen verwendet, von denen Fama und French nur zwei ausgewählt haben. Warum haben sie nur zwei und nicht alle zwanzig ausgewählt? Und warum gerade diese beiden Variablen? Es gibt viele offene Fragen. Verstehen Sie mich nicht falsch“, ergänzt er. „Ich bin nicht gegen die zwei zusätzlichen Variablen. Aber warum geben Fama und French diesen einen Sonderstatus, indem sie sie in ein Modell einbauen, obwohl es viele andere Variablen gibt?“

Nach Aussage von Hanauer widersprechen die beiden qualitativen Faktoren früheren Ergebnissen von Fama und French. „In ihrem Papier von 2008, Dissecting Anomalies5, legten sie dar, dass die Bilanzwachstums- und Rentabilitätsanomalien weniger robust sind. In ihrem 5-Faktoren-Modell verwenden sie aber genau diese Bilanzwachstumsvariable in ihrem Investitionsfaktor.“

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Meinungen über die wichtigsten Folgen gehen auseinander

Die drei Experten sind sich uneinig, was die wesentlichen Folgen des 5-Faktoren-Modells sein werden. Blitz deutet an, dass Fama und French sich von ihrem früher unerschütterlichen Glauben an effiziente Märkte, bei denen die Beziehung zwischen Risiko und Rendite linear und positiv ist, entfernt haben könnten.

„Das Drei-Faktoren-Modell passte immer noch zu dieser Überzeugung, denn sie sahen Size und Value als Risikofaktoren, genau wie das Marktrisiko im Kapitalgutpreismodell. Doch jetzt machen sie sich nicht einmal die Mühe zu erklären, wie die beiden neuen Quality-Faktoren in ihren alten Rahmen passen, oder ob es verhaltensbezogene Erklärungen für diese Faktoren gibt.“

Hanauer sieht in dem neuen Modell auch eine positive Seite. „Trotz aller Kritik schließt das Papier eine Lücke in der Fachliteratur zu diesen zwei Quality-Faktoren.“ Van Vliet ist der Ansicht, dass Fama und French mit ihrem ursprünglichen Modell von 1993 großartige Arbeit geleistet haben, indem sie die Anzahl der Faktoren verringerten, die in den 1980er Jahren in verschiedenen Abhandlungen vorgeschlagen wurden. „Und jetzt haben sie noch zwei weitere hinzugefügt. Diese zusätzlichen Faktoren werden uns in den kommenden Jahren zu denken geben.“5

Lesen Sie das vollständige Papier unter SSRN

Weitere Informationen finden Sie in unseren thematisch zugehörigen Artikeln:

Beyond Fama-French: alpha from short-term signals Fama-French 5-factor model: five major concerns


Fußnoten

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