26-01-2023 · Einblick

Verbrauchertrends 2023: Verbrauchergesundheit und nachhaltiger Konsum

Zwei Trends, die unserer Ansicht nach 2023 an Dynamik gewinnen werden, sind die Verbrauchergesundheit und nachhaltiger Konsum.

    Autoren/Autorinnen

  • Richard Speetjens - Portfolio Manager

    Richard Speetjens

    Portfolio Manager

  • Jack Neele - Portfolio Manager

    Jack Neele

    Portfolio Manager

Consumer Trends in 2024: The resilient shopper

Im Jahr 2022 hat die Robeco Global Consumer Trends-strategie Bereiche wie die Verbrauchergesundheit stärker gewichtet, und wir sehen auch eine glänzende Zukunft für Unternehmen, die Kunden nachhaltigere Produkte und Dienstleistungen anbieten. Dies sind zwei der Themen, auf die man im Jahr 2023 und darüber hinaus achten sollte.

Bessere Lösungen für Gewichtsreduktion, in der Dermatologie und zur Verbesserung des Sehvermögens treiben Trends auf dem Gebiet der Verbrauchergesundheit voran

Erstens haben vor kurzem zugelassene, wirksame Medikamente zur Gewichtsabnahme das Interesse von Verbrauchern, medizinischem Personal und Gesundheitsdienstleistern geweckt. Zweitens haben fünf Milliarden Menschen – Tendenz steigend – ein schlechtes oder korrigiertes Sehvermögen, was in diesem Bereich tätigen Unternehmen beträchtliche Chancen bietet. Und drittens erfreuen sich Hautkosmetika dank ihrer Wirksamkeit und klugen Marketings der Kosmetikunternehmen zunehmender Beliebtheit. Generell achten Verbraucher nach der Covid-Pandemie mehr auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Diese Trends werden auch durch demografische Entwicklungen unterstützt: Laut McKinsey geben Millennials und Angehörige der Generation Z in den USA für Wellnessprodukte und -dienstleistungen sechs bis sieben Prozentpunkte mehr aus als der durchschnittliche Verbraucher.

Zunehmendes Verbraucherinteresse an Medikamenten zur Gewichtsabnahme

Wir gehen davon aus, dass das Interesse von Verbrauchern an Medikamenten zur Gewichtsreduktion im Jahr 2023 deutlich zunehmen wird, weil das Leistungsangebot von Krankenkassen erweitert wird, Marketingmaßnahmen verstärkt werden und die Verfügbarkeit von Produkten besser wird. Fettleibigkeit, eine schwere Form von Übergewicht, wird mit über 200 Gesundheitsproblemen wie u. a. Diabetes Typ 2 in Verbindung gebracht und belastet weltweit die Budgets im Gesundheitswesen. Weltweit sind schätzungsweise 750 Millionen Menschen fettleibig. Die Behandlung von mit Fettleibigkeit zusammenhängenden Krankheiten kostet die OECD-Länder jedes Jahr schätzungsweise 425 Mrd. US-Dollar. Für die Kostenträger im Gesundheitswesen (Einzelpersonen, Arbeitgeber und Regierungen) besteht also ein Anreiz, die Verbreitung von Fettleibigkeit einzudämmen, z. B. mit Hilfe neuartiger Arzneimittel.

Zurzeit werden nur etwa 2 % der fettleibigen Menschen mit Medikamenten gegen Fettleibigkeit behandelt. Das Interesse von Verbrauchern an Medikamenten zur Gewichtsabnahme, das sich in den sozialen Medien und bei Google-Suchen manifestiert, nimmt ebenfalls zu. Bemerkenswerterweise zeigen Verbraucher in Erwartung der behördlichen Zulassung und eines größeren Angebots an Adipositas-Medikamenten zunehmendes Interesse an den zur Behandlung von Diabetes Typ 2 verwendeten Medikamenten Mounjaro und Ozempic, die beide auch zur Gewichtsabnahme beitragen.

Abbildung 1: In Google-Suchen zu beobachtendes Interesse an neuen Medikamenten zur Gewichtsabnahme und zur Behandlung von Diabetes

Abbildung 1: In Google-Suchen zu beobachtendes Interesse an neuen Medikamenten zur Gewichtsabnahme und zur Behandlung von Diabetes

Quelle: Google, 2022.

Verbrauchertrends

Die Vorlieben der Verbraucher ändern sich, Ihr Portfolio sollte es auch
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Fünf Milliarden Menschen benötigen Produkte und Dienstleistungen zur Korrektur ihres Sehvermögens

Für in der Behandlung von Sehschwächen tätige Unternehmen bestehen angesichts der riesigen Zahl von Menschen, die eine Sehschwächenkorrektur benötigen, um im täglichen Leben bestmöglich zurechtzukommen, beträchtliche Wachstumschancen. Etwa 2,7 Milliarden Menschen leben mit nicht korrigierter Sehschwäche und weitere 2 Milliarden mit korrigierter Sehschwäche. Sie benötigen regelmäßig neue Brillen oder Kontaktlinsen, wenn sich ihre Sehkraft verändert, Produkte verschleißen, bessere Technologien auf den Markt kommen oder sich ihr Modegeschmack ändert. Ein kleiner Prozentsatz dieser insgesamt 4,7 Milliarden Menschen wird sich einer Augenoperation unterziehen, wofür einige wenige hochspezialisierte Unternehmen die erforderlichen Geräte liefern. Der künftige Anstieg der Zahl von Menschen, die eine Sehschwächenkorrektur brauchen, wird durch sich änderndes Verbraucherverhalten beeinflusst. Dazu gehören z. B. die Zunahme der vor dem Bildschirm verbrachten Zeit, intensivere Nahsichtarbeit und demografische Trends wie die Alterung der Bevölkerung und das Bevölkerungswachstum in Asien (wo Kurzsichtigkeit häufiger auftritt).

Zwei Bereiche mit hervorzuhebenden Wachstumschancen sind Kurzsichtigkeit und der Schutz der Augen vor Sonnenlicht. Was die auch als Myopie bezeichnete Kurzsichtigkeit angeht, prognostiziert das Brien Holden Vision Institute eine Zunahme des Anteils kurzsichtiger Menschen von derzeit 33 % auf 40 % bis 2030 und auf 52 % bis 2050. Das sind dann fast 5 Milliarden Menschen (Abbildung 2). Zweitens sind etwa 6 Milliarden Menschen der Gefahr einer Schädigung ihrer Augen durch Sonnenlicht ausgesetzt, weil sie nicht davor geschützt sind. In einigen Ländern wie z. B. Australien erstatten die Krankenkassen Verbrauchern bereits die Kosten für Sonnenbrillen. Das heißt, es bestehen viele Wachstumschancen für Unternehmen, die auf dem Gebiet der Sehschwächenkorrektur tätig sind.

Abbildung 2:Anzahl von Kurzsichtigen und Verbreitung von Kurzsichtigkeit

Abbildung 2:Anzahl von Kurzsichtigen und Verbreitung von Kurzsichtigkeit

Quelle: Brien Holden Vision Institute, 2016.

Hautkosmetika verbinden den Wunsch der Verbraucher nach Schönheit mit Gesundheit

Wenn Sie TikTok häufig nutzen, sind Sie vielleicht schon auf den „DermDoctor“ gestoßen, einen praktizierenden Dermatologen mit abgeschlossenem Medizinstudium und 17 Millionen Followern, der diese regelmäßig über Grundlagen der Dermatologie und Hautpflege informiert. Unterstützt durch Influencer wie den DermDoctor nimmt der Umsatz mit Hautkosmetika pro Jahr um etwa 10 % und damit doppelt so schnell zu wie der Gesamtmarkt für Schönheitsprodukte. Dieses Wachstum ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese Produkte von Pharmazeuten und Dermatologen entwickelt werden und Lösungen für bestimmte dermatologische Probleme wie empfindliche Haut, Ekzeme oder Akne bieten. Da mit diesen Produkten häufig deutlich sichtbare „Unvollkommenheiten“ der Gesichtshaut behandelt werden, sind sie auch eng mit dem Schönheitsempfinden der Verbraucher verbunden. Nimmt man die Empfehlungen von medizinischem Personal und den dienstleistungsorientierten Vertrieb durch Apotheken hinzu, erhält man eine schnell wachsende, gewinnbringende Produktkategorie mit treuen Kunden.

Abbildung 3: Prognostiziertes jährliches Wachstum für verschiedene Kategorien von Schönheitsprodukten

Abbildung 3: Prognostiziertes jährliches Wachstum für verschiedene Kategorien von Schönheitsprodukten

Quelle: Unternehmensergebnisse, Schätzungen von Robeco, 2023.

Der wieder erwachende nachhaltige Verbraucher

Abgesehen von ihrer Gesundheit wollen Verbraucher zunehmend, dass von ihnen getroffene Entscheidungen auch für unseren Planeten nachhaltig sind. In den letzten Jahren ist in der öffentlichen Meinung, beim technologischen Fortschritt und bei der wirtschaftlichen Vernunft jeweils ein Wendepunkt zugunsten nachhaltig produzierter Waren und Dienstleistungen erreicht worden. Auf Jahre hinaus sehen wir in vielen Segmenten wie Autos, Bekleidung, Lebensmittel und Energie Chancen für innovative Unternehmen, die Verbrauchern Lösungen anbieten, die nicht nur nachhaltig, sondern am Markt auch wettbewerbsfähig sind.

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Das Interesse nimmt quer durch alle Verbrauchergruppen zu

Der früher einmal auf Naturliebhaber und junge Idealisten beschränkte Markt für nachhaltig erzeugte Produkte umfasst mittlerweile mehrere Generationen, Regionen und politische Zugehörigkeiten. Laut einer Umfrage des Conference Board zur weltweiten Verbraucherstimmung finden 85 % der Millennials es äußerst oder sehr wichtig, dass Unternehmen Programme zur Verbesserung der Umwelt umsetzen. Bei Angehörigen der Generation Z und der Generation X ist die Unterstützung für Umweltbelange mit 80 % bzw. 79 % ähnlich hoch. Bemerkenswerterweise machen sich inzwischen auch ältere Generationen für das Thema stark: 65 % der sogenannten „stillen Generation“ unterstützen nachdrücklich Umweltschutzprogramme von Unternehmen. Laut einer Umfrage von Morning Consult haben selbst in den politisch gespaltenen USA 76 % der Bürger eine positive Haltung zu Windenergie, während 82 % die Nutzung von Solarenergie in einem günstigen Licht sehen. Diese positive Einstellung der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen wurde letztes Jahr durch die Verabschiedung des US Inflation Reduction Act (IRA) unterstrichen. Durch dieses Gesetz werden fast 394 Mrd. US-Dollar zur Förderung von erneuerbaren Energien, Elektrofahrzeugen, damit verbundener Produktionstätigkeiten und anderer Umweltprogramme bereitgestellt.

Abbildung 4: Prozentsatz der Verbraucher, die es für äußerst oder sehr wichtig halten, dass Unternehmen Programme zur Verbesserung der Umwelt umsetzen

 Abbildung 4: Prozentsatz der Verbraucher, die es für äußerst oder sehr wichtig halten, dass Unternehmen Programme zur Verbesserung der Umwelt umsetzen

Quelle: The Conference Board, Nielsen, Bernstein Research.

Starke Trends, die erst am Anfang stehen

Auch wenn sich die erklärten Vorlieben von Verbrauchern oft deutlich von ihren Kaufgewohnheiten unterscheiden, zeigt die zunehmende Zahl von verkauften Elektrofahrzeugen und installierten Solaranlagen, dass sich die Interessen der Verbraucher und ihr Handeln annähern können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. In den letzten fünf Jahren sind die Verkaufszahlen für batteriebetriebene Pkw pro Jahr um durchschnittlich 61 % gestiegen, während die Verkaufszahlen für Pkw mit Verbrennungsmotor im selben Zeitraum pro Jahr um durchschnittlich 5 % zurückgegangen sind. Bemerkenswerterweise schätzt Bloomberg New Energy Finance (BNEF), dass die Verkaufszahlen für batteriebetriebene Pkw im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr trotz der anhaltenden Knappheit von Halbleitern um 66 % auf 7,6 Millionen gestiegen sind, was einem Anteil von 9,4 % am weltweiten Markt entspricht. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 15,3 % hat die Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie in den letzten fünf Jahren mehr als zehnmal so schnell zugenommen wie die Stromerzeugung insgesamt. BNEF schätzt, dass diese erneuerbaren Energiequellen 2022 zusammen einen Anteil von 12,7 % am weltweit erzeugten Strom erreicht haben und bis 2030 mehr als ein Viertel des Marktes ausmachen werden.

Abbildung 5: Weltweiter Anteil batteriebetriebener Fahrzeuge am Pkw-Absatz und weltweiter Gesamtanteil von Wind- und Solarenergie an der Stromerzeugung

Abbildung 5: Weltweiter Anteil batteriebetriebener Fahrzeuge am Pkw-Absatz und weltweiter Gesamtanteil von Wind- und Solarenergie an der Stromerzeugung

Quelle: Bloomberg New Energy Finance, 2022.

Wirtschaftliche Überlegungen spielen beim Kauf nachhaltiger Produkte eine zunehmende Rolle

Dank des technologischen Fortschritts, neuer Geschäftsmodelle und neuer Anreizprogramme sind Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien zunehmend nicht nur die klimafreundlichste, sondern auch wirtschaftlich sinnvollste Wahl für Verbraucher. In den letzten zehn Jahren sind die Entwicklungskosten für erneuerbare Energien erheblich gesunken, wobei die nicht subventionierten Kosten von Solar- und Windenergie laut Lazard um 77 % bzw. 46 % zurückgegangen sind. Insgesamt ist die von Versorgungsunternehmen gewonnene Solar- und Windenergie um durchschnittlich 39 % bzw. 67 % kostengünstiger als Gas und Kohle. Und auch wenn der Anschaffungspreis eines batteriebetriebenen Fahrzeugs immer noch höher ist als der eines vergleichbaren Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor, liegen die jährlichen Betriebskosten wegen der niedrigeren Kraftstoff- (Strom) und Wartungskosten (weniger bewegliche Teile) um fast 30 % niedriger.

Auch wenn die Sorge um die Umwelt und soziale Werte nach wie vor eine Rolle dabei spielen, Verbraucher zu nachhaltigem Einkaufsverhalten zu bewegen, ist Qualität noch wichtiger. In einer im Jahr 2022 von First Insight und der Wharton School der Universität von Pennsylvania durchgeführten Umfrage nannten 29 % der Verbraucher Qualität als wichtigsten Faktor, der darüber entscheidet, ob Verbraucher nachhaltige Produkte bevorzugen. Fast ebenso hoch ist der Stellenwert von Handwerkskunst und Langlebigkeit: 25 % der Verbraucher nennen diese Eigenschaften als Hauptgrund für den Kauf nachhaltiger Produkte. Die Langlebigkeit von Produkten ist wahrscheinlich der maßgebliche Faktor dafür, dass 68 % der Teilnehmer der von First Insight durchgeführten Umfrage bereit sind, für nachhaltige Produkt mehr zu bezahlen. Eine ähnliche Dynamik ist auch auf dem Luxusartikelmarkt zu beobachten, in dem hochwertige Autos, Handtaschen und Uhren einen wesentlich höheren Wiederverkaufswert besitzen als für den Massenmarkt hergestellte Produkte. Die längere Nutzungsdauer gut verarbeiteter Produkte trägt zur Kreislaufwirtschaft bei, die weniger Abfall erzeugt und weniger natürliche Ressourcen verbraucht.

Neue Geschäftsmodelle tragen ebenfalls dazu bei, dass die Vorteile der Kreislaufwirtschaft auch außerhalb des Luxusartikelmarkts genutzt werden. Neue Marktplätze wie ThredUp und Vinted nutzen die zur Unterstützung des traditionellen E-Commerce aufgebaute Infrastruktur und Zahlungssysteme und bringen den vollgestopften Gebrauchtwarenladen ins digitale Zeitalter. Obwohl Vinted mit Sitz in Litauen mehr als 75 Millionen registrierte Nutzer in 18 Ländern hat, kratzt es nur an der Oberfläche des 860 Mrd. US-Dollar schweren globalen Bekleidungsmarkts.

Die Zurückhaltung der Verbraucher wird die langfristigen Aussichten nicht eintrüben

Angesichts der Inflations- und Rezessionsängste, die Verbraucher zurzeit am meisten beschäftigen, dürften die Preisaufschläge, die für nachhaltige Produkte verlangt werden können, und die Bereitschaft der Verbraucher, mehr zu bezahlen, um Gutes zu tun, zurückgehen. Dem Global State of the Consumer Tracker von Deloitte zufolge ist der Anteil der Verbraucher, die in letzter Zeit ein nachhaltiges Produkt gekauft haben, von 49 % im März 2022 auf 40 % im September 2022 gesunken. Als wichtigster Grund hierfür werden die Kosten genannt. Durch die Entwicklung neuer Technologien wird allerdings die Qualität besser und die Preise sinken, so dass die Akzeptanz nachhaltiger Produkte mit der Zeit zunehmen wird. Angesichts der enormen Marktchancen, des bisherigen bedeutenden Fortschritts und des frühen Stadiums der Einführung von Technologien wie erneuerbaren Energien und Elektrofahrzeugen dürfte die Hinwendung der Verbraucher zu nachhaltigen Produkten innovativen neuen Marktteilnehmern und auch anpassungsfähigen etablierten Unternehmen auf Jahre hinaus Wachstumschancen bieten.