Fauxpas der Modebranche
Mode ist für Milliarden von Menschen eine Quelle der Freude und ein Mittel zur Selbstdarstellung und Ausdruck kultureller Identität. Doch bei allen positiven Effekten hat die Modebranche auch mit negativen Folgen zu kämpfen. Die Beschaffung, Herstellung und Verarbeitung von Materialien ist ressourcenintensiv und umweltbelastend. Die Modebranche verursacht bis zu 10 % der weltweiten Treibhausgasemissionen.1 Außerdem entsteht bei der Herstellung viel Abfall. Von den 100 Milliarden Kleidungsstücken, die jedes Jahr produziert werden, bleiben 20 % unverkauft2 und weniger als 1 % werden für neue Kleidungsstücke recycelt.3
Es gibt außerdem zahlreiche soziale Risiken. Die Fertigung konzentriert sich auf Regionen, in denen die Löhne unfair, die Arbeitsrechte unzureichend oder nicht vorhanden und die Arbeitsbedingungen unsicher sind. Im Durchschnitt erhalten Arbeiter in Bekleidungsfabriken nur 55 % des Lohns, der für einen angemessenen Lebensstandard erforderlich ist.4
Die Modebranche ist ein Wirtschaftszweig mit mittlerweile 2,5 Billionen US-Dollar Volumen.5 Das globale Bevölkerungswachstum und zunehmende verfügbaren Einkommen lassen eine robuste Nachfrage in den kommenden Jahrzehnten erwarten und erhöhen die ohnehin dringende Notwendigkeit, dass die Branch nachhaltiger wird. Die Strategie zielt darauf ab, das Erscheinungsbild der Modebranche zu verändern – weg vom verschwenderischen „Take-Make-Waste“-Produktionsmodell hin zu einem Kreislaufmodell, das fair zu den Arbeitnehmern und der Umwelt ist.
Grafik 1 - Die Strategie zielt darauf ab, die Produktion in Richtung Kreislaufmodelle umzugestalten
Quelle: Robeco, 2022. Euromonitor, Tecnon Orbichem, UN Fashion Alliance, The Industry We Want, Ellen MacArthur Foundation
Anlagechancen in der Wertschöpfungskette der Modebranche
Die Strategie investiert in börsennotierte Unternehmen in der gesamten Wertschöpfungskette der Modebranche und über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg – außerdem tritt sie mit den Firmen in Dialog. So entsteht ein reichhaltiges und vielschichtiges Anlageuniversum. Dieses reicht von Faserherstellern, Stoffveredlern und Textilproduzenten, die aus Rohstoffen Gewebe und Endprodukte fertigen, bis hin zu den (Online-)Einzelhändlern, die sie an Endverbraucher verkaufen. Die Strategie zielt aber nicht allein auf Textilien ab. Accessoires und Kosmetika dienen dazu, unsere Kleidung und Attraktivität zu unterstreichen. Daher investiert die Strategie außer in das Bekleidungssegment auch in die Bereiche Schuhe, Schmuck, Uhren, Brillen, Make-up und Parfüm.
Technologiefirmen gehören ebenfalls zum Anlagemix. Entwurfssoftware und Tools zur Fabrikautomatisierung ermöglichen eine kostengünstigere und ressourcenschonendere Produktion. Mittlerweile erlauben „intelligente“, mit Chips versehene Etiketten und digitale Marktplätze den Übergang zu zirkulären Geschäftsmodellen. Diese machen es möglich, Waren zu vermieten, weiterzuverkaufen, zurückzuverfolgen, zu zertifizieren und zu recyceln.
Probleme in der Lieferkette
Genauso wie die große Vielfalt der Modebranche eine Vielzahl von Anlagechancen bietet, birgt sie auch zahlreiche Nachhaltigkeitsproblemen auf jeder Stufe der Lieferkette.
Beschaffung von Rohmaterial
Die Gewinnung und Verarbeitung von Rohmaterialien – insbesondere von Textilfasern – gehören zu den energieintensivsten Prozessen in der Textilherstellung. Die Abhängigkeit der Industrie von synthetischen, natürlichen und tierischen Materialien (z. B. Polyester, Baumwolle, Naturfasern, Zellulose, Seide, Leder, Kaschmirwolle usw.) und der Einsatz von wasser- und chemieintensiven Prozessen in fast allen Bereichen ihrer Lieferkette haben direkte Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Ökosysteme. Die größten Sorgen bereiten die Gesundheit der Arbeitnehmer, die veränderte Bodennutzung, die Verschlechterung der Bodenqualität, die Verfügbarkeit von Süßwasser, Verschmutzung mit Chemikalien sowie die entstehenden Abfälle.
Herstellung und Produktion
In dieser Phase werden Fasern und andere Rohmaterialien zu Fertigwaren verarbeitet. Naturfasern oder synthetische Polymere werden zu Garnen und Fäden gesponnen und können auch mit Chemikalien gebunden, gebleicht und gefärbt werden, um spezielle Farben, Texturen oder funktionelle Eigenschaften wie Dehnbarkeit und Atmungsaktivität zu erreichen. Diese Umwandlungsprozesse sind oft wärme-, wasser- und chemikalienintensiv und verursachen zudem Luft- und Wasserverschmutzung. Die Stoffe werden dann von Fabrikarbeitern in Entwicklungs- und Schwellenländern zugeschnitten, genäht und zusammengesetzt. Sie leiden ebenso wie ihre Kollegen in der Landwirtschaft häufig unter sozialer Ungerechtigkeit, einschließlich Kinderarbeit und schlechten Arbeitsbedingungen
Vertrieb und Konsum
Die Konsumphase umfasst sowohl die Logistik des Transports der Produkte zu Geschäften und Lagern als auch das, was nach dem Kauf der Produkte geschieht. Denn viele der negativen Effekte treten erst nach dem Kauf auf. Das Waschen eines Kleidungsstücks verbraucht während seiner gesamten Lebensdauer Strom und Wasser. Es verunreinigt außerdem die Ozeane, die Wasserwege, das Meeresleben und letztlich die Nahrungskette mit Mikroplastik, das aus beliebten Kunstfasern wie Polyester, Nylon und Acryl resultiert.
Verwendung am Ende des Nutzungszyklus
Die überwiegende Mehrheit der Modeartikel wird verbrannt oder deponiert, nur ein kleiner Teil wird zu anderen Materialien (z.B. als Isolier- oder Füllmaterial) und ein noch kleinerer Teil (<1 %) wieder zu Kleidung recycelt. Was übrig bleibt, wird in Millionen von Tonnen in Länder exportiert, die nicht in der Lage sind, damit angemessen umzugehen.
Den Wandel in der Wertschöpfungskette vorantreiben
Materialbeschaffung
Chancen:
Textilien: Baumwolle, Polyester, Leinen, Viskose
Tierische Produkte: Leder, Seide, Wolle, Daunen
Schmuck: Gold, Silber, Platin
Kosmetika: Farben, Duftstoffe
Beispiele für Engagement-Themen:
Gefährliche Arbeitsbedingungen, Abholzungsrisiken, starker Einsatz von Agrochemikalien
Produktion
Chancen:
Entwurfssoftware und Visualisierungs-Tools
Ausrüstung für die Textilproduktion
Robotik, Automatisierung, 3D-Druck
Globale Logistik und Vertrieb
Beispiele für Engagement-Themen:
Zahlung existenzsichernder Löhne, schrittweiser Verzicht auf fossile Brennstoffe in der Produktion, Management von Abwasser und Chemikalienverwendung
Konsum
Chancen:
Massenmarkt, Fast Fashion, Luxusmarken
Online- und Offline-Einzelhändler
Produkte zum Reinigen, Waschen und Reparieren
Vermietungsplattformen
Beispiele für Engagement-Themen:
Verantwortungsvolle Marketingpraktiken, Produktkennzeichnung, Reparaturdienste
Verwendung am Ende des Nutzungszyklus
Chancen:
Wiederverkaufsplattformen und -infrastruktur
Akteure im Bereich Recycling-Infrastruktur
Umnutzung von Deponie- und Verbrennungsanlagen
Beispiele für Engagement-Themen:
Politik der Nichtzerstörung unverkaufter Waren, Skalierung von zirkulären Services
Förderung nachhaltiger Lösungen
Im Rahmen der Strategie wird in Modeunternehmen investiert, die das Potenzial haben, nachhaltige Praktiken in ihren Betrieben und in ihren Lieferketten einzuführen. Sie investiert auch in die „Nachhaltigkeits-Wegbereiter“ der Modebranche. Dazu zählen beispielsweise Firmen, die Etiketten zur Rückverfolgung und Zertifizierung von Rohstoffen und Endprodukten herstellen, in Recyclingverfahren zur Reduzierung und Wiederverwendung von Abfällen sowie die nächste Generation von Materialien entwickeln, die aus natürlichen Quellen stammen oder biologisch abbaubar sind.
Engagement und Active Ownership sind ebenfalls wichtige Bestandteile der Anlagestrategie. Der Dialog mit den Unternehmen hat zum Ziel, deren Nachhaltigkeitsprofil über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren messbar zu verbessern. Dabei liegt der Fokus auf den wichtigsten ESG-Themen, die alle Phasen der Wertschöpfungskette der Modebranche betreffen (siehe Grafik 2). Sie werden von den spezialisierten Modeexperten von Robeco auf Basis einer gründlichen Analyse des Nachhaltigkeitsprofils eines Unternehmens, seiner Position in der Wertschöpfungskette und seines Verbesserungspotenzials sorgfältig zusammengestellt. Außerdem arbeiten wir mit wichtigen Akteuren aus der Mode- und Finanzbranche zusammen, um positive Effekte zu verstärken und systemische Veränderungen in der Realwirtschaft voranzutreiben.
Grafik 2 – Schlüsselbereiche des Engagements
Fazit
Die Mode ist eine enorm wichtige kommerzielle und kulturelle Kraft in der modernen Gesellschaft. Ihre Bedeutung und ihr Einfluss werden voraussichtlich in dem Maß zunehmen, wie die verfügbaren Einkommen und der Lebensstandard steigen. Doch hinter dem Glanz und Glamour der Mode verbergen sich ernsthafte Probleme im Bereich der Nachhaltigkeit, die es zu lösen gilt. Moderne Mode erfordert ein Umdenken. Die gute Nachricht ist, dass es Lösungen gibt, die sich immer mehr durchsetzen. Unsere Strategie investiert in Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle zukunftssicher machen, indem sie nachhaltige Praktiken und zirkuläre Prozesse einführen, die fair gegenüber den Arbeitnehmern und der Umwelt sind.
Für die Robeco Fashion Engagement-Strategie ist Nachhaltigkeit ein Trend, der nie aus der Mode kommt.
Anlagen in eine nachhaltige Zukunft der Modebranche
Fashion Engagement Equities ist eine Anlagestrategie, die es Investoren ermöglicht, von den langfristigen Wachstumschancen der Modebranche zu profitieren und deren Übergang zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen.
Fußnoten
1 UN
2 Ellen MacArthur Foundation
3 Ibid.
4 The Business of Fashion, 2022. The Industry We Want Report, 2022
5 Euromonitor, Verkaufserlöse insgesamt (in US-Dollar), 2022