13-12-2022 · Einblick

Fixed Income-Ausblick: Investieren in der Rezession

Wir stehen derzeit vor einer Rezession, nachdem die Zinsen gestiegen sind, der Inflationsdruck hoch ist und Staats- und Unternehmensanleihen im Jahr 2022 an Wert verloren haben. Was bedeutet das für Anleiheninvestoren im Jahr 2023?

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    Autoren/Autorinnen

  • Michiel de Bruin - Head of Global Macro and Portfolio Manager

    Michiel de Bruin

    Head of Global Macro and Portfolio Manager

  • Bob Stoutjesdijk - Portfolio Manager and Strategist

    Bob Stoutjesdijk

    Portfolio Manager and Strategist

Im gesamten Verlauf des Jahres 2022 haben wir den Fokus auf die Straffung der Geldpolitik gelegt. Wir haben das Dilemma erörtert, vor dem die Notenbanken stehen (in „Czech Mate“), und ihre anschließende Entscheidung, der Bekämpfung der Inflation den Vorzug zu geben (in „The Inflation Game’“). Seit März 2022 haben wir betont, dass eine Rezession in den nächsten Quartalen eher eine Wahrscheinlichkeit als ein Risiko darstellt. In jüngerer Zeit hat sich der Marktkonsens dieser Auffassung angeschlossen.

Doch während an einigen Märkten eine Rezession bereits eingepreist ist, ist das an anderen nicht der Fall. Infolge der historisch außergewöhnlichen Kursschwankungen am Anleihenmarkt im Jahr 2022 haben sich bisherige Zusammenhänge aufgelöst. So sind zahlreiche Relationen zwischen Märkten, Renditekurven und Anleihen auf ein ungewöhnliches Niveau gestiegen, was als Chance zu verstehen ist. Wie nach unserer Erwartung die Anleihemärkte interagieren, haben wir im letzten Quartal in unserem Ausblick dargelegt („Twin Peaks“). Darin formulierten wir die Annahme, dass die Staatsanleihenrenditen wieder zurückgehen und sich der allgemeine Trend des Jahres 2022 zu einer Ausweitung der Credit-Spreads fortsetzt. Unsere Einschätzung ist nach wie vor dieselbe.

Seit Oktober sind die Renditen der meisten Staatsanleihen zurückgegangen. Wir sind der Ansicht, dass einige Märkte bereits ihr Renditehoch hinter sich haben. Dennoch kann es an den Märkten zu Turbulenzen kommen, und die Frühindikatoren für die US-Konjunktur weichen nach wie vor deutlich von den nachlaufenden Indikatoren ab. Man sollte daher nicht davon ausgehen, dass bereits an jedem Markt der Renditehöchststand erreicht worden ist.

Den Frühindikatoren folgen

Zwar hat sich der Marktkonsens unserer Erwartung einer Rezession angeschlossen. Doch gilt das nicht für alle wichtigen Teilnehmer an der Debatte, darunter das US-Finanzministerium und eine große US-Investmentbank. Außerdem rechnen diejenigen, die eine Rezession erwarten, fast alle mit einem nur geringen Rückgang der Wirtschaftsleistung, ohne überzeugende Gründe dafür zu nennen.

Ein Grund für die anhaltende Debatte ist der, dass zwar einige Frühindikatoren und einige aktuelle Indikatoren auf eine Rezession hindeuten – beispielsweise die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) der offenen Volkswirtschaften, die Immobilienmarktdaten und die Auftragsneueingänge nach Erhebung des Institute of Supply Management (ISM). Jedoch ist das bei nachlaufenden Indikatoren wie Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten nicht der Fall. Wenn sich die Richtung der nachlaufende Daten derjenigen der Frühindikatoren angleicht, sollte es zu Bewertungsanpassungen am Markt kommen. Das ist unseres Erachtens nur eine Frage der Zeit.

Zwar ist es am US-Arbeitsmarkt noch nicht zu einer Trendwende gekommen, doch schwächte sich seine Dynamik eindeutig ab. So lag die Zahl der neu geschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft das vierte Mal hintereinander unter 300.000. In der ersten Jahreshälfte lag sie im Schnitt noch bei über 440.000 und im Jahr 2021 bei über 560.000. Außerdem könnte eine Abschwächungstendenz bei den Haushaltsumfragen auf eine Abschwächung bei den Unternehmen hindeuten.

Weiter fortgeschrittene Entwicklung in Europa

In Kontinentaleuropa und in Großbritannien ist die Rezessionsdebatte schon viel weiter fortgeschritten. Dort ist angesichts der energiebezogenen Anfälligkeit der Konjunktur und eines realen Verbraucherschocks eine harte Landung der Konjunktur und eine Rezession unser Basisszenario. Man sollte vielleicht nicht davon überrascht sein, dass in einigen Spread-Segmenten in Kontinentaleuropa und in Großbritannien die Bewertungen bereits Rezessionsniveaus erreicht haben. Daraus ergaben sich in den letzten Wochen attraktive Gelegenheiten für das Portfolio. In den USA ist diese Situation noch nicht erreicht.

Die Entwicklungen in Kontinentaleuropa und in Großbritannien machen deutlich, dass inmitten von düsteren Konjunkturaussichten Rezessionen für Chancen am Anleihenmarkt sorgen: zuerst bei Staatsanleihen, dann im Credit-Segment. Wie wir unmittelbar vor dem jüngsten Renditehoch im Oktober betont hatten, war 2022 bereits das schlechteste Jahr für den Gesamtertrag von Anleihen seit langem. Im Jahr 2023 besteht Spielraum für eine gewisse Gegenbewegung. Je nach Ausgangsniveau erwarten wir Erträge im zweistelligen Prozentbereich in mehreren Bereichen des Spektrums hochwertiger Anleihen.

Zinsstrategie

Die von uns erwartete Rezession unterscheidet sich von den Rezessionen der letzten 35 Jahre dadurch, dass sie wahrscheinlich mit einer erheblich über dem Zielwert der Notenbanken liegenden Inflation einhergeht. Zwar gab es in diesem Jahrhundert bereits Rezessionen mit hohen Verbraucherpreisen (z. B. im Sommer 2008). Doch diesmal sind die Unterschiede so groß, dass der Verlauf und die Kursbewegungen während der Rezessionen in den 1970er Jahren relevanter sind.

Doch selbst in den vier Rezessionen des Zeitraums von 1968 bis 1982 gingen die Anleihenrenditen erheblich zurück. Definitionsgemäß bedeutet eine Rezession einen BIP-Rückgang über zwei Quartale hinweg, gefolgt von Leitzinssenkungen der Notenbanken und einem zyklischen Rückgang der Inflation Ausgehend vom derzeitigen Preisniveau dürfte der Ölpreis bis März 2023 im Vorjahresvergleich zurückgehen. Wir erwarten bis Juni einen Rückgang der Inflation bei den US-Güterpreisen auf beinahe null. Unsere Analysen deuten darauf hin, dass sich selbst der Anstieg der Mieten im späteren Verlauf des ersten Halbjahres 2023 ins Gegenteil zu verkehren beginnt. Wie auch immer die Inflation sich über den langfristigen Horizont entwickelt, sollte 2023 ein Jahr sein, in dem zyklische Muster dominieren. Daraus sollten positive Erträge bei hochwertigen Staatsanleihen resultieren.

Im Hinblick auf die Portfoliokonstruktion und die bestmögliche Nutzung einer künftig positiven Marktentwicklung unterscheiden wir weiterhin zwischen den Vorteilen von Zinskurvenstrategien und Durationsstrategien.

Zinskurven- versus Durationsstrategien

Wie wir bereits zuvor erwähnt haben, muss man für erfolgreiche großangelegte Durations-Trades in zweierlei Hinsicht richtig liegen: im Hinblick auf den zyklischen Wachstumsausblick und den langfristigen Inflationsausblick. In Bezug auf die Zinskurven dominiert dagegen der zyklische Ausblick, da in weiten Teilen der Zinskurve Inflationsprämien bestehen und die langfristigen Niveaus der Zinsen und der Inflation in jedem Fall in gewissem Umfang in den offiziellen Zinsen berücksichtigt sind.

Wir wollen die Schwierigkeiten bei erfolgreichen Zinskurven-Positionierungen nicht kleinreden, so ist das richtige Timing schwierig. Wir glauben aber, dass sich die Bewertungen leichter beurteilen lassen, wenn ein Anleihen-Asset von zyklischer Mean Reversion (bzgl. der Renditekurve) dominiert wird und von langfristiger Unsicherheit (bzgl. Duration) besser abgeschirmt ist. Unseres Erachtens ergibt sich weit mehr Klarheit aus den Daten zum zyklischen Wachstumsausblick, während wir unterschiedliche Szenarien Hinblick auf den langfristigen Inflationsausblick für schwieriger halten.

Es ist allgemein registriert worden, dass die Zinskurven in den USA (und in einigen anderen Regionen) den stärksten Grad der Inversion der letzten 40 Jahre aufweisen. Das ergibt aus unserer Sicht eindeutig Sinn, da das Inflationsumfeld eine Reaktion der Notenbanken erforderlich gemacht hat, bei der die Leitzinsen über das geschätzte neutrale Niveau hinaus steigen. Dies wiederum führt zu invertierten Zinskurven, wie das zwischen 1968 und 1982 der Fall war. Allerdings ist darauf immer eine zyklische Mean Reversion hin zu einer wieder ansteigenden Renditekurve gefolgt. Wir sehen keinen Grund für die Annahme, dass sich diesmal ein anderes Muster ergibt. Das gilt insbesondere, wenn die Wirtschaft stagniert, da die Notenbanken dann im späteren Verlauf des Jahres 2023 und im Jahr 2024 ihrem wachstumsbezogenen Mandat gerecht werden müssen.

Marktsegmentierung und marktübergreifende Chancen

Die zweite von uns gegenüber Durations-Trades bevorzugte Zinsstrategie ist marktübergreifend ausgerichtet. Auf die Chancen, die wir derzeit sehen, gehen wir näher im Abschnitt Zinsstrategie ein. Vereinfacht gesagt können aus Gründen der Anlagephilosophie nicht alle Teilnehmer am Anleihenmarkt beispielsweise die Relation von Australien gegenüber den USA im Blick behalten. Nicht alle verfügen über die Liquidität oder Reaktionsfähigkeit, um beispielsweise Trades im Hinblick auf den schwedischen Markt durchzuführen.

Und nicht alle verfügen über ein ausreichend flexibles Mandat, um lokale Anleihen aus Schwellenländern wie beispielsweise Mexiko gegenüber Märkten mit AAA/AA-Ratings wie zum Beispiel Kanada zu handeln. Nach den Interventionen der Zentralbanken in den Jahren 2020-2021 und den starken Kursausschlägen an den Anleihemärkten im Jahr 2022 befinden sich viele dieser Relationen auf den extremsten Niveaus der letzten zwei bis drei Jahrzehnte, was attraktive Möglichkeiten eröffnet.

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