Im Rahmen dieser „SI Dilemma“-Kolumne werde ich mich auf einige unserer Spezialisten im SI Center of Expertise von Robeco beziehen, die über den Fortschritt in ihren jeweiligen Bereichen berichtet haben: Klimawandel und die Sustainable Development Goals (SDGs).
CO2-Emissionen steigen nach wie vor
Trotz der Bemühungen zum Übergang zu umweltfreundlichen Technologien bei der Energieerzeugung und trotz des einjährigen Rückgangs der globalen Emissionen während der Corona-Pandemie liegen die CO2-Emissionen wieder auf dem vorherigen Niveau. Zwar ist die CO2-Intensität unserer Volkswirtschaften gesunken. Jedoch steigen aufgrund des Wirtschaftswachstums die Emissionen nach wie vor, wie die untenstehende Grafik zeigt. Diese Grafik beinhaltet noch nicht die veränderte Landnutzung, die ebenfalls erheblich zum Klimawandel beiträgt.
Unser Climate Strategist Lucian Peppelenbos schrieb in seiner Kolumne zum 2022 veröffentlichten Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): „Bei der Bekämpfung der globalen Erwärmung sind wir nicht im Plan, wir kennen aber die richtige Antwort.“ Mit der richtigen Führung kann die Welt einen gefährlichen Klimawandel vermeiden. Das ist nach wie vor die Kernaussage im Report des UN Climate Science Panel IPCC.
Für Anleger ist es dringend erforderlich, auf die Einschätzung des IPCC zu reagieren, wonach im Finanzsektor das Klimarisiko noch nicht ausreichend berücksichtigt wird. Das IPCC kam zum Schluss, dass es in den nächsten 5-10 Jahren bei den Investitionen zu einer weitreichenden Verlagerung zugunsten CO2-armer Formen der Energieerzeugung, des Transports und der städtischen Infrastruktur kommen muss.
In einem anderen Artikel1 wird erwähnt, dass der Klimagipfel COP27 Ende 2022 Pläne zur Schaffung eines Fonds nach sich zog, aus dem die Dekarboniserung in Entwicklungsländern finanziert werden soll. Doch gab es kaum Ergebnisse in Form konkreter Lösungen und die Klimapolitik der Länder ist weiterhin unzureichend. Bei Erreichung aller Vorhaben befinden wir uns nach dem Gipfel weiterhin auf dem Pfad hin zu einer globalen Erwärmung um 2,5 °C.
Wie schneiden Unternehmen und Länder in punkto Nachhaltigkeit ab?
Erfahren Sie, welchen Beitrag Unternehmen zu den Sustainable Development Goals leisten und wie die Länder bei den ESG-Kriterien abschneiden.
Durchwachsenes Bild bei den SDGs
Betrachtet man über das Thema Klimawandel hinaus die umfassendere Palette von Nachhaltigkeitszielen der UN (SDGs), stellt sich das Bild durchwachsen dar. Bekanntgegeben wurden die Ziele im Jahr 2015 und sie sollten bis 2030 erreicht sein. Zur Halbzeit zog unser SDG-Strategist Jan Anton van Zanten ein Resümee der bisherigen Fortschritte. 2
Quelle: https://dashboards.sdgindex.org/
Wie aus dem SDG Index ersichtlich ist, zog er die Schlussfolgerung, dass im Lauf der Zeit zwar Fortschritte im Hinblick auf die Erreichung der Ziele stattgefunden haben. Jedoch sind diese bei weitem zu langsam gewesen und aktuell lässt das Tempo sogar etwas nach. Kein Land ist auf dem Weg, die Ziele bis 2030 zu erreichen, teilweise infolge der Corona-Krise.
Abgesehen von der Pandemie sind aber auch die negativen Trends bei den umweltbezogenen SDGs besorgniserregend. Wenn es uns nicht gelingt, den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt, der in drei SDGs verankert ist, aufzuhalten, dürfte es unmöglich sein, auch nur eines der anderen Ziele zu erreichen, da die sozialen Systeme davon abhängig sind, dass unsere Umwelt intakt ist.
Optimist, Pessimist oder Realist?
„Ich schaue zwar immer gern auf die positiven Seiten des Daseins, doch bin ich realistisch genug zu wissen, dass das Leben eine komplexe Angelegenheit ist“ – Walt Disney
Wie oben erwähnt sind diese Aspekte in der Tat komplex und stehen miteinander in Wechselbeziehung. Schwierig ist beispielsweise die Erreichung von SDG 2.1 – Beendigung des Hungers und Gewährleistung ganzjährigen Zugangs zu sicherem und nahrhaftem Essen für alle Menschen, speziell Arme und Verwundbare – wenn man gleichzeitig SDG 15.1 erreichen will.
Dieses strebt die Bewahrung, Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung der Ökosysteme auf dem Land und in Binnengewässern an. Es zielt insbesondere auf Wälder, Feuchtgebiete, Berge und Trockengebiete ab im Einklang mit Verpflichtungen aus internationalen Abkommen oder vielen der anderen Ziele in Bezug auf Klima und Biodiversität. Der Anbau von mehr Nahrungsmitteln zwecks Erreichung von SDG 2.1 macht dies weit weniger wahrscheinlich.
Bessere globale Regulierung
In den letzten Jahren hat sich der Finanzsektor für das Thema „Nachhaltigkeit“ geöffnet. Dabei legte er den Fokus auf die Integration finanziell relevanter ESG-Faktoren in Portfolios zwecks besser fundierter Anlageentscheidungen. Damit sind allerdings zwei Probleme verbunden. Was das IPCC in seinem Bericht zur unzureichenden Berücksichtigung von Klimarisiken anführt, gilt auch für andere Externalitäten wie den Verlust an Biodiversität, schlechte Arbeitsbedingungen, ungenügende Governance und mangelhafte Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft.
Dies sollte durch eine bessere globale Regulierung gelöst werden, bei der diese Aspekte mit einem Preis versehen werden und sichergestellt wird, dass Investoren und Unternehmen die entsprechenden externen Kosten in ihre Kalkulation einbeziehen. Falls das nicht geschieht, könnte ESG-Integration (sofern nicht jeder diese auf dieselbe Weise oder unter Nutzung derselben Informationen praktiziert) dazu beitragen, bessere Anlageentscheidungen zu treffen. Dies würde allerdings nicht unmittelbar der nachhaltigen Entwicklung zugutekommen.
Übergang zu Impact Investing
Oder wir müssen einen Weg jenseits der ESG-Integration finden und zu Impact Investing übergehen. Dabei würden Strukturen geschaffen, welche die Billionen von Dollar an Investitionen bereitstellen, die (in Schwellenländern) für eine nachhaltige Entwicklung erforderlich sind. Ein Anfang gemacht wurde auf der Klimakonferenz COP27 in Form der Schaffung eines von reicheren Ländern finanzierten Fonds zum Ausgleich von Schäden. Dieser Ansatz muss allerdings noch operationalisiert werden.
Green Bonds, Social Bonds und Sustainability-Linked Bonds sind ebenfalls geeignete Instrumente für Investoren, die positive Veränderungen in der Wirklichkeit anstreben. Endanleger müssen ihrem Wunsch Ausdruck verleihen, nicht nur den Vermögenszuwachs zu optimieren, sondern auch das Wohlergehen. An diesem Punkt sind wir noch nicht. Nur ein geringer Anteil des verwalteten Vermögens dient direkt der Finanzierung von Unternehmensprojekten, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen.
Keine weitere Option
Es war mir ein Bedürfnis, meinem „pessimistischen Ich“ in dieser Kolumne Ausdruck zu verleihen. Man muss von Zeit zu Zeit eine Bestandsaufnahme der Entwicklungen in der Realität machen. Dabei gibt es nicht viele Gründe, optimistisch zu sein.
Wir bei Robeco verfügen über ein SI Center of Expertise mit 50 Mitarbeitern, mit dessen Hilfe alle Anlageteams finanziell wesentliche ESG-Informationen in den Investmentprozess integrieren. Wir verwenden viel Zeit und Energie auf die Analyse und die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten sowie den diesbezüglichen Dialog. Außerdem unterstützen wir unsere Kunden im Hinblick auf diese Thematik. Es gibt nur eine Handvoll von Assetmanagern und Kapitaleignern, die das so wie wir seit vielen Jahren praktizieren.
Wir werden nie erfahren, wo wir uns befänden, wenn wir das nicht getan hätten. Wir haben einige Erfolge beim Dialog mit Unternehmen verzeichnet. Das gilt insbesondere für die Wahl von Board-Mitgliedern mit dem richtigen Wissenshintergrund. Außerdem konnten wir Übergangsprozesse bei einigen der Unternehmen anstoßen, in die wir investieren. Und während wir uns nach der Klimakonferenz COP27 auf dem Pfad hin zu einer globalen Erwärmung um 2,5 °C befinden, waren wir vor fünf Jahren noch auf dem Weg hin zu 4 °C.
Schließen möchte ich mit einem weiteren Zitat von Churchill, das ebenfalls auf mich zutrifft: „Ich für meinen Teil bin Optimist – es scheint keinen großen Sinn zu haben, etwas anderes zu sein.“