Da das Thema Klimawandel für die meisten Investoren zentrale Bedeutung erlangt, hat der Fokus auf die Verringerung des CO₂-Fußabdrucks in den Anlageportfolios an Bedeutung gewonnen und Netto-Null-Ziele haben sich zum Standard entwickelt. In Reaktion darauf haben Unternehmen der Investmentbranche mehrere Anlagevehikel mit geringem CO2-Fußabdruck sowie Paris-aligned Benchmarks entwickelt.1 Gemeinsam ist diesen der Ausschluss von Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen oder hoher CO2-Intensität.
Zweifellos sind gängige CO2-Emissionsdaten dabei hilfreich, die Dekarbonisierungspfade auf Portfolio- oder Unternehmensebene zu beschreiben. Dies wird allerdings die Frage auf, ob der einfache Ausschluss oder der Verkauf von Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen das effektivste Verfahren zum Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft ist. Anders gesagt lohnt es sich zu untersuchen, ob die aus CO2-Emissionsdaten gewonnenen Informationen ausreichen, um bei der Klimapolitik führende bzw. im Rückstand befindliche Unternehmen zu identifizieren.
Ermittlung von Firmen, die in „grünen“ Innovationen engagiert sind
Untersuchungen aus jüngster Zeit zeigen, dass umweltfreundliche Innovationen vorrangig von den Sektoren Energie und Rohstoffe vorangetrieben werden, die zu den CO2-intensivsten Branchen gehören.2 Innerhalb dieser Segmente weisen jedoch die innovativeren Unternehmen nicht zwangsläufig die niedrigsten CO2-Emissionen oder CO2-Intensitäten auf. Jedoch liefern Daten zu CO2-Emissionen für sich genommen wahrscheinlich keine effektive Orientierung bei der Identifikation von Unternehmen, die in „grünen“ Innovationen engagiert sind, oder bei der Unterscheidung zwischen in punkto Klimapolitik führenden bzw. im Rückstand befindlichen Unternehmen, da sie nur frühere oder aktuelle Emissionen berücksichtigen.
Ein alternativer Ansatz zur Ermittlung von Firmen, die bei ihrer Klimapolitik führend bzw. im Rückstand sind, besteht darin zu ermitteln, wie sie zu spezifischen klimabezogenen SDGs beitragen. Beispielsweise kann die SDG-Systematik von Robeco dazu verwendet werden, die Beiträge zu evaluieren, welche Unternehmen zu diesen SDGs leisten, indem man berücksichtigt, was sie herstellen und wie sie ihre Geschäftstätigkeit ausüben. Die sich daraus ergebenden SDG-Scores verraten, ob die Unternehmen positiv oder negativ zu den relevanten klimabezogenen SDGs beitragen und in welchem Umfang.
CO₂-Emissionsdaten sind bei der Bestimmung derer, die in punkto Klima führend bzw. im Rückstand sind, nicht sinnvoll
Um diese Einschätzung zu evaluieren, haben wir das Verhältnis zwischen in punkto Klima führenden bzw. im Rückstand befindlichen Unternehmen und ihren jeweiligen CO2-Fußabdrücken untersucht. Konkret haben wir zum einen Firmen betrachtet, die geringe CO2-Fußabdrücke aufweisen und entweder niedrige oder hohe Scores in Bezug auf klimabezogene SDGs aufweisen, und zum anderen Unternehmen mit ausgeprägtem CO2-Fußabdruck und entweder niedrigen oder hohen Scores im Hinblick auf klimarelevante SDGs.
Wenn Daten zu CO2-Emissionen ein ausreichender Indikator dafür sind, zwischen Unternehmen zu unterscheiden, die bei der Klimapolitik führen bzw. im Rückstand sind, würde man erwarten, dass Firmen mit geringem CO2-Fußabdruck häufig hohe Scores in Bezug auf klimabezogene SDG aufweisen und das Unternehmen mit ausgeprägtem CO2-Fußabdruck oft niedrige Scores in dieser Hinsicht besitzen.
Grafik 1 | Viele Unternehmen, die in punkto Klimapolitik führend/im Rückstand sind, lassen sich nicht anhand des CO₂-Fußabdrucks ermitteln
Quelle: Robeco, TruCost. Die Analyse wurde anhand von Daten von Ende Dezember 2021 durchgeführt.
Wie Grafik 1 zeigt, sind CO2-Emissionsdaten nach unseren Analysen ein zu ungenaues Maß, um zwischen Firmen zu unterscheiden, die in punkto Klima führend bzw. im Rückstand sind. Zwar sind 13 % der emissionsintensiven Unternehmen als im Rückstand befindlich anzusehen, was die Klimapolitik angeht. Allerdings gibt es auch einen beträchtlichen Anteil (11 %) von emissionsintensiven Firmen, die in dieser Hinsicht als führend eingeschätzt werden. Anders gesagt lässt ein auf niedrige CO2-Emissionen ausgerichteter Ansatz, der sich beim Ausschluss oder beim Verkauf von emissionsintensiven Unternehmen nur auf Daten zum CO2-Fußabdruck stützt, wahrscheinlich Firmen außen vor, die einen positiven Beitrag zu den klimabezogenen SDGs leisten und für den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft als unverzichtbar gelten.
Betrachtet man schwerpunktmäßig emissionsarme Unternehmen anhand ihrer CO2-Emissionen, erweist sich nur ein Anteil von 1 % als im Rückstand befindlich, was ihre Klimapolitik angeht, da sie negative Beiträge zu den klimabezogenen SDGs leisten. Aufschlussreicher ist aber, dass nur 10 % der emissionsarmen Firmen als führend in punkto Klimapolitik gelten. Dieser Anteil ist geringer als derjenige in der Gruppe der Unternehmen mit hohen Emissionen. Dies deutet darauf hin, dass Daten zu CO2-Emissionen kein wirksames Mittel zur Identifikation von Unternehmen sind, die in umweltfreundlichen Innovationen engagiert sind. Um dieses Ziel zu erreichen, werden daher ergänzende Daten zur Klimapolitik auf Einzeltitelebene benötigt.
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Für unsere Analyse verwendeten wir als Basis unseres Anlageuniversums die Bestandteile des MSCI World Investable Market Index (MSCI World IMI) per Ende Dezember 2021. Wir nutzten von TruCost bezogene Daten zum CO2-Fußabdruck, definiert als Scope 1 bzw. Scope 2 geteilt durch den Unternehmenswert einschließlich Liquidität (EVIC).
Wir haben SDG-Scores verwendet, die sich aus der SDG-Systematik von Robeco herleiten. Wir legten den Fokus nur auf bestimmte klimabezogeneSDGs, und zwar SDG 7 (Bezahlbare und umweltfreundliche Energie), SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) und SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz). Zur Berechnung des endgültigen Score in Bezug auf die klimarelevanten SDGs verwendeten wir den niedrigsten der drei Scores, sofern einer davon negativ war, und den höchsten der drei Scores, wenn sie alle positiv waren. Zusammengenommen deckte diese Analyse 73 % der Aktien und 85 % der gesamten Marktkapitalisierung des MSCI World IMI ab.
Anschließend ordneten wir die Aktien auf Basis ihrer CO2-Fußabdrücke und ihrer Scores in Bezug auf die klimarelevanten SDGs in 3x3 sich gegenseitig ausschließende Gruppen ein. Im Hinblick auf die CO2-Fußabdrücke gruppierten wir die Titel unter Verwendung der 30. und 70. Perzentile. Firmen mit einem Score in Bezug auf klimarelevante SDGs von -3 oder -2 wurden als im Rückstand befindlich klassifiziert. Unternehmen mit einem entsprechenden Score von +2 oder +3 wurden dagegen als in punkto Klimapolitik führend kategorisiert. Abschnitt A in Tabelle 1 zeigt den Prozentanteil der Aktien, die jeweils zu den neun einzelnen Gruppen zählten. Abschnitt B zeigt die bedingte Verteilung der CO2-Fußabdrücke.
Tabelle 1 | Verteilung der Aktien nach CO₂-Fußabdruck und Score in Bezug auf klimarelevante SDGs
Quelle: Robeco, TruCost. Die Analyse wurde anhand von Daten von Ende Dezember 2021 durchgeführt.
Basierend auf der bedingten Verteilung schufen wir proportionale Venn-Diagramme. Diese zeigen die Schnittmenge zwischen: emissionsintensiven Unternehmen und solchen, die in punkto Klimapolitik im Rückstand sind, emissionsintensiven und bei der Klimapolitik führenden Firmen sowie emissionsarmen Unternehmen und solchen, die im Hinblick auf ihre Klimapolitik an der Spitze stehen. Die Gesamtfläche der Kreise spiegelt die Zahl der Aktien wider, die zu einer Gruppe zählen.
Fazit
Der CO2-Fußabdruck ist zwar eine nützliche Größe zur Beschreibung des Dekarbonisierungspfads auf Portfolio- oder Unternehmensebene. Nach unseren Analysen ist er aber weniger geeignet, zwischen Unternehmen zu unterscheiden, die in punkto Klimapolitik führend bzw. im Rückstand sind.. Tatsächlich kann eine beträchtliche Zahl von Unternehmen, die bei ihrer Klimapolitik führend bzw. im Rückstand sind nicht anhand dieser Messgröße ermittelt werden. Zu diesem Zweck schlagen wir vor, den CO2-Fußabdruck durch zusätzliche Daten zur Klimapolitik auf Einzeltitelebene zu ergänzen, welche neben den Emissionen weitere Dimensionen abdecken.
Fußnoten
1 Siehe: Robeco, „2022 Global Climate Survey“, veröffentlicht im März 2022.
2 Siehe: L. Cohen, U.G. Gurun und Q. Nguyen, „The ESG-innovation disconnect: evidence from green patenting“, SSRN-Arbeitspapier, Januar 2021; J. Huij, D. Laurs, P. A. Stork und R. C. J. Zwinkels, „Carbon Beta: A market-based measure of climate risk“, SSRN-Arbeitspapier, November 2021.
Background to sustainability metrics
In defining sustainability, investors have a multitude of dimensions and metrics they could consider. For example:
Values-based exclusions
ESG integration
Impact investing
ESG scores typically put more focus on the operations of a business, whereas SDG scores also incorporate the impact that the business’ products and/or services have on society.
We see client sustainability objectives increasingly moving towards avoiding controversial businesses (values-based exclusions) and including those that provide sustainable solutions (impact investing). In the first few articles of our Indices Insights series, we will empirically show how the different sustainability metrics (negative screening/exclusions, ESG, SDG) relate to these increasingly impact-oriented client sustainability objectives.
Die Indices Insights-Serie liefert neue Einblicke zum Thema Index-Investments, insbesondere zu den Aspekten Sustainable Investing, Factor Investing und/oder Thematic Investing. Verfasst werden die Artikel vom Sustainable Index Solutions-Team, häufig in enger Zusammenarbeit mit einem Spezialisten von Robeco für das jeweilige Thema. Das Team verfügt über eine enorme Erfahrung in den Bereichen Research und Portfoliomanagement. Seit 2015 hat es Nachhaltigkeit-, Faktor- und Themen-Indizes für eine Vielzahl von Kunden entwickelt: Staatsfonds, Pensionsfonds, Versicherer, globale Anlageberater, Assetmanager und private Banken. Das Team kann auch auf kundenspezifische Bedürfnisse zugeschnittene Nachhaltigkeit-Indizes erstellen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website Sustainable Index Solutions (robeco.com).