31-10-2024 · Einblick

In nachhaltige Städte investieren

Die Verstädterung ist einer der wesentlichen wirtschaftlichen Trends des 21. Jahrhunderts und mehr denn je investierbar, da sich Bauträger und Eigentümer von Immobilien an das veränderte Klima anpassen.

    Autoren/Autorinnen

  • Frank Onstwedder - Portfolio Manager

    Frank Onstwedder

    Portfolio Manager

  • Folmer Pietersma - Portfolio Manager

    Folmer Pietersma

    Portfolio Manager

Das Städtewachstum beschleunigt sich

Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wächst die städtische Bevölkerung weltweit, während die ländliche Bevölkerung bereits ihren Höchststand erreicht hat. In den Industrieländern leben in der Regel bereits etwa 80 % der Bevölkerung in städtischen Gebieten. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass das Wachstum in den nächsten zwei Jahrzehnten von den Schwellen- und Entwicklungsländern ausgehen wird, wobei auf Indien, China und Nigeria mehr als ein Drittel des bis 2050 erwarteten Wachstums entfallen wird. Die Verstädterung steht in engem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung, was bedeutet, dass es sich nicht unbedingt um einen negativen Trend für die Weltwirtschaft handelt. Doch angesichts der Bemühungen, den Klimawandel abzuschwächen, zu verlangsamen oder aufzuhalten, stellt dies eine Herausforderung dar.

Abbildung 1: Weltweites Wachstum der städtischen bzw. ländlichen Bevölkerung 1950-2050

Abbildung 1: Weltweites Wachstum der städtischen bzw. ländlichen Bevölkerung 1950-2050

Quelle: UN World Urbanization Prospects 2018

Klimaziele sind ohne Investitionen in die städtische Infrastruktur unerreichbar

Städte bedecken lediglich 3 % der Landfläche der Erde, sind aber für 75 % der CO2-Emissionen verantwortlich1 .
Um unsere Städte lebenswert und nachhaltig zu gestalten, sind Kapital, Planung und Innovation in einem noch nie dagewesenen Ausmaß notwendig, was eine große Chance für langfristige Anleger darstellt. Auch die Rahmenbedingungen für die Immobilienentwicklung werden immer wichtiger, da die regionalen, nationalen und lokalen Regierungen versuchen, die Netto-Null-Ziele zu erreichen. In der Vergangenheit war das Klima immer eindeutig vorhersehbar – doch diese Zeit ist inzwischen vorbei.

Im Sinne der Klimaneutralität bauen und renovieren

Die für die bevorstehenden Jahrzehnte in allen Regionen erwarteten Trends reichen von der Modernisierung des Gebäudebestands, einschließlich Heizung und Belüftung, über die Optimierung der Energienutzung und den Einsatz besserer Isolierungs- oder Wärmeschutzmaßnahmen (je nach Region) bis hin zur möglichen Umnutzung bestehender Gewerbeimmobilien für Wohnzwecke oder eine gemischte Nutzung. Die Internationale Energieagentur prognostiziert, dass die weltweite Wohnfläche zwischen 2022 und 2030 um 15 % zunehmen wird – das entspricht der derzeitigen Fläche Nordamerikas2.

In der EU sind Daten über das Alter und die Energieklassifizierung von Wohn- und Gewerbeimmobilien leichter verfügbar. Hier sind etwa ein Drittel aller Gebäude über 50 Jahre alt. Fast 75 % des Gebäudebestands sind nicht energieeffizient, und nur etwa 1 % pro Jahr wird renoviert. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur sind die Treibhausgasemissionen von Gebäuden in der EU zwischen 2005 und 2021 um 31 % gesenkt worden3. Dieser Fortschritt wurde durch höhere Energieeffizienzstandards für neue Gebäude, Energieeffizienzverbesserungen in Bestandsgebäuden, die Dekarbonisierung des Strom- und Heizungssektors sowie wärmere Temperaturen begünstigt. Erschwerend kommt hinzu, dass in Europa aufgrund der steigenden Temperaturen im Sommer immer mehr Klimaanlagen installiert werden, die sich ebenfalls negativ auf den Klimawandel auswirken4.

Die Märkte für Hausratversicherungen sind in einigen Gebieten zusammengebrochen

Relative Immobilienbewertungen

Die direkten Klimaauswirkungen beeinflussen auch die relativen Immobilienbewertungen. Sowohl im Wohn- als auch im Gewerbesektor werden sich die Nutzenden für die energieeffizientesten Immobilien entscheiden, um langfristige Energiekosten zu senken und das Risiko von Nutzungseinschränkungen zu begrenzen. Alte Gebäude, die sich nur schwer modernisieren lassen oder sich in weniger attraktiven Gegenden befinden, könnten zu „gestrandeten Vermögenswerten“ werden, was sich bereits unmittelbar auf ihre relativen Bewertungen auswirkt5. In Florida beispielsweise, das immer häufiger von Wirbelstürmen und Überschwemmungen heimgesucht wird, ist der Markt für Hausratversicherungen in einigen Gebieten fast zusammengebrochen, die Prämien sind unerschwinglich geworden, und einige Versicherer weigern sich, neue Verträge abzuschließen und ziehen sich ganz vom Markt zurück6. In vielen Fällen befinden sich die betroffenen Immobilien in stark nachgefragten Gebieten wie Miami Beach und Palm Beach, wodurch die Due-Diligence-Prüfung und die Bewertung des Klimaschutzpotenzials für langfristige Anleger sehr wichtig sind.

Schlussfolgerungen für die Anlagepolitik

Die wichtigste Erkenntnis für Anleger lautet, dass die Verdichtung, das Wachstum und die Kaufkraft der Haushalte zwar weiterhin wichtig sind und ein Grund für Anlagen an erstklassigen Standorten darstellen, die Grenzen zwischen Wohnen, Einzelhandel und Büro aber immer mehr verschwimmen.

Weltweit, aber insbesondere in Asien, betreiben Immobilienunternehmen zunehmend integrierte Gewerbeimmobilien, die durch die städtebauliche Verdichtung und den Druck der Regulierungsbehörden zur Verringerung der Energieintensität und des Wasserverbrauchs angetrieben werden. In den USA wird die Mischnutzung zum Standard, da in Einkaufszentren Büroetagen hinzugefügt werden, während in anderen Fällen die unteren Etagen von Bürogebäuden in Einzelhandelsflächen umgewandelt werden. So, wie Unternehmen ihre städtischen Vermögenswerte und Grundstücke optimal nutzen, werden sich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Geschäftssegmenten und Vermögenstypen weiter verringern.

Im Rahmen der Strategie Robeco Sustainable Property Equities wird nach Unternehmen Ausschau gehalten, die weiterhin am besten positioniert sind, um einen der drei Trends zu monetarisieren: Sustainable Cities (Urbanisierung und Erhaltung der Erde), PropTech (Technologie) und Lifestyle (Soziodemografie). Wir sind der Meinung, dass die beste Möglichkeit, Alpha aus dem Übergang zu nachhaltigen Städten zu gewinnen, darin besteht, sich weiterhin auf REITs zu konzentrieren, die hochwertige Immobilienanlagen an erstklassigen Standorten betreiben und entwickeln und die bei der Ökologisierung ihrer Gebäude eine Vorreiterrolle einnehmen. Wir sind davon überzeugt, dass der Übergang zu nachhaltigen Städten erhebliche Auswirkungen auf die künftigen Fundamentaldaten – einschließlich Mieten und Rentabilität – haben wird, und wir passen das Portfolio an diese neue Realität an.

Fußnoten

  • [1] Bericht über die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 2022

  • [2] IEA: Technology and Innovation Pathways for Zero-carbon-ready Buildings by 2030 – September 2022

  • [3] „Greenhouse gas emissions from energy use in buildings in Europe“ – EUA – Oktober 2023

  • [4] Air conditioning is 'exacerbating the climate crisis' but how many Europeans use it? – Euronews – August 2024

  • [5] In London, New York and Paris, a Giant Office Bet Is Going Wrong – Bloomberg – Juli 2023

  • [6] Insurers pull back as US climate catastrophes intensify – The Hill – Juni 2023