Anleihen, die von Staaten und Unternehmen in Asien, Afrika und Lateinamerika ausgegeben wurden, galten aufgrund der Instabilität einiger aufstrebender Länder einst als Nischenbereich. Heute weisen sie einen Marktwert von mehr als 8 Billionen US-Dollar auf.
Und jetzt könnten die Schwellenländer, von denen viele Rohstoffexporteure sind, von einer möglichen Abwertung des US-Dollars aufgrund der unsicheren Handelspolitik, der Einführung eines einheitlichen Zollsatzes und der Androhung zusätzlicher Zölle durch Präsident Trump profitieren. Dies steigert ihre Einnahmen, wenn Umsätze in Dollar in die lokale Währung umgerechnet werden.
US-Ausnahmerolle
„Der US-Dollar ist derzeit so stark wie seit den 1980er Jahren nicht mehr, wenn man die Inflationsunterschiede berücksichtigt“, sagt Santhosh, Client Portfolio Manager beim Anleihen-Investmentteam von Robeco. „Die politische Unsicherheit in den USA und ein Wandel in der US-Ausnahmerolle, wie sie in der zweiten Amtszeit von Donald Trump zu beobachten ist, belasten nun diesen langjährigen Aufwärtstrend des Dollars.“
„Diese politische Unberechenbarkeit und die Unsicherheit durch den Handelskonflikt, in Kombination mit fortschreitenden Veränderungen in der europäischen Finanz- und Rüstungspolitik, schaffen Spielraum für Umschichtungen weg von den USA, die den seit zwei Jahrzehnten anhaltenden USD-Bullenmarkt allmählich dämpfen könnten.“
„Schwellenlandanleihen haben in den letzten 15 Jahren schlecht abgeschnitten, was in erster Linie die Stärke des Dollars, nicht eine Schwäche der Emerging Markets widerspiegelt. Das könnte sich nun ändern.“
„Schwellenländer haben großes Potenzial, davon zu profitieren, insbesondere die mit Rohstoffen verbundenen Regionen. Sie bieten gleichzeitig gute Wachstumsaussichten für die Länder in Osteuropa, dem Nahen Osten und Afrika, die in die industriellen Lieferketten Europas integriert sind.“
Das EMD-Universum ist in den letzten zwei Jahrzehnten enorm gewachsen

Quelle: Robeco, JP Morgan, Bloomberg
Nachwirkungen der Pandemie
Die EMD-Anlageklasse wurde sowohl durch die Corona-Pandemie als auch durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine schwer getroffen, da hierdurch die Lieferketten stark gestört wurden und einige Länder ihre Staatsschulden nicht mehr bedienen konnten. Dies führte zu einer großen Zahl von Herabstufungen der Anleiheratings.
„Viele der Länder, die aufgrund dieser Schocks in eine Schuldenkrise gerieten, sowie Länder, die allgemein mit anhaltenden Problemen zu kämpfen hatten, wie z. B. Argentinien, haben ihre Restrukturierungen inzwischen abgeschlossen und in einigen Fällen vollständig bewältigt“, sagt Santhosh.
„Die Fundamentaldaten der Schwellenländer verbessern sich wieder, da sich das Wirtschaftswachstum erholt hat, die nationalen Devisenreserven wieder aufgebaut wurden und die Länder mit dem IWF zusammengearbeitet haben, um ihre fundamentale Situation zu verbessern. Dies spiegelt sich im Ratingtrend wider, der netto deutliche Heraufstufungen aufweist.“
„Die Spreads – die Differenz zwischen der Rendite von EM-Bonds und der von Staatsanleihen mit Top-Rating aus entwickelten Ländern – tendieren enger, was auf eine zunehmend stabile und robuste Anlageklasse hindeutet. Dies ebnet den Weg für eine insgesamt bessere Zukunftsperspektive für das Schwellenlandsegment.“
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Gewinner auswählen, Verlierer meiden
Jede künftige Einführung von US-Zöllen wird asymmetrische Auswirkungen auf verschiedene Branchen und Sektoren sowohl bei den Kosten als auch in den Lieferketten haben. Die Schwellenländer sind führende Produzenten von Rohstoffen, die von Palmöl und Reis bis hin zu Öl, Edelmetallen und Holz reichen. Die Palette der hergestellten Waren reicht von Textilien und Autos bis hin zu Chemikalien und Hightech-Halbleitern, die alle mit Zöllen belegt wurden.
„Die Abhängigkeit von Exporten verarbeiteter Güter aus Schwellenländern in die USA kann im Vergleich zu Rohstoffen zu einer viel größeren Schwachstelle werden“, sagt Santhosh. „Rohstoffexporte könnten weniger betroffen sein, da sie im Inland schwieriger zu ersetzen sind und im Allgemeinen weniger der Industriepolitik des Endmarktes unterliegen.“
“Im Allgemeinen sind die Unternehmen in Schwellenländern, die Fertigwaren exportieren, weiter entwickelt als die Rohstoffexporteure, weshalb ihre Anleihen mit engeren Spreads gehandelt werden, was sie stabiler macht.“
Alpha-Chancen bei EM-Bonds
„In den letzten zehn Jahren hat ein großer Teil der aktiven Manager passive Produkte wie Exchange Traded Funds (ETFs) nach Gebühren innerhalb des EMD-Segments übertroffen“, ergänzt Colin Graham, Co-Head im Bereich Robeco Investment Solutions. Es gibt also definitiv mehr Argumente für aktives Managements im EMD-Bereich als in Anlageklassen am anderen Ende des Spektrums, wie z. B. US-Aktien.
„Einige Länder sind auch weniger anfällig für Zölle oder einen zukünftigen Handelskrieg oder haben mehr Verhandlungsmacht, um dies zu umgehen“, sagt Santhosh. „Deshalb ist es wichtig, bei der Auswahl der zu kaufenden Anleihen aus Schwellenländern selektiver vorzugehen.“
„Es bedarf weiterhin einer Einzelfallanalyse, da einige Länder wie Mexiko eher in der Lage sein dürften, Abkommen mit den USA zu schließen, als geopolitische Rivalen wie China.“
Wachsendes EMD-Universum
Die Anlageklasse EMD ist über die letzten zwei Jahrzehnte gewachsen und erreichte Ende 2024 eine Marktkapitalisierung von über 8 Billionen US-Dollar. Dies entspricht nun etwa 11 % des globalen Anleihemarkts, wobei das Wachstum vor allem durch Anleihen in Landeswährung und nicht in Hartwährungen wie dem Dollar angeführt wird.
„Viele große Länder wie Brasilien, China und Indien konnten Staatsanleihen in ihrer eigenen Landeswährung ausgeben, sodass sie nicht mehr ausschließlich auf den engeren Markt für die Finanzierung in Hartwährung angewiesen sind“, sagt Santhosh.
„Im Vergleich zu traditionellen Anlageklassen, die den Großteil eines globalen Multi Asset-Marktportfolios ausmachen, können die durchschnittlichen Renditen von EM-Bonds in Hartwährung in einem Multi-Asset-Portfolio höhere Zusatzrenditen und eine Diversifizierung gegenüber anderen hochrentierlichen Anlagen bieten“, fügt Graham hinzu.
„Unsere Analysen haben gezeigt, dass eine Mischung aus EM-Bonds und Hochzinsanleihen in der Vergangenheit tendenziell ein stabileres Gesamtrenditeprofil bietet, insbesondere wenn man die im Zeitverlauf unterschiedliche Wertentwicklung von Lokalwährungs- und Hartwährungsanleihen berücksichtigt. Dies spricht vielleicht dafür, die Anlageklasse EMD im Rahmen der langfristigen strategischen Asset-Allokation für ausgewogene Multi-Asset-Portfolios ernster in Betracht zu ziehen.“