Die Gesellschaft entzieht der Natur Ressourcen und erzeugt übermäßigen Abfall in einem Tempo, das es in der Geschichte noch nicht gegeben hat. Allein im Konsumgüterbereich werden Rohstoffe im Wert von 2,6 Billionen US-Dollar weggeworfen und nicht wiederverwertet.1 Und das ist nur die Verschwendung nach der Produktion. Es gibt viel Abfall, der vollständig vermieden werden könnte, wenn Unternehmen von Anfang an die Grundsätze des Kreislaufsystems anwenden würden. 2
Natalie Falkman sagt, dass Ressourcenverbrauch und Verschwendung in dieser Größenordnung nur durch einen vollständigen Paradigmenwechsel im ökonomischen Denken angegangen werden können. „Eine Kreislaufwirtschaft ist eher ein Muss als ein Luxus. Aufgrund ihres Potenzials für Ressourcen- und Kosteneinsparungen wird erwartet, dass sie bis 2050 zwei- bis viermal so schnell wachsen wird wie die globale Wirtschaftsleistung.“ Doch trotz der wirtschaftlichen und ökologischen Attraktivität ist die Akzeptanz bisher noch gering. Natalie Falkman ist der Meinung, dass KI das entscheidende Mittel sein könnte, welches die Wirtschaft braucht, um die Akzeptanz zu steigern.
Eine praktikable Lösung, die skaliert werden muss
Künstliche Intelligenz und Kreislaufwirtschaft mögen nicht als ideale Partner erscheinen. Doch Frau Falkman weist darauf hin, dass vorausschauende Unternehmen schon seit Jahrzehnten technologische Innovationen nutzen, um Kreislauflösungen zu entwickeln. „Schnelle Fortschritte bei Chips und der Konnektivität ermöglichten in der ersten Generation die Einführung von Kreislaufsystemen. IoT-Konnektivität und „intelligente“ digitale Tools ermöglichen es, dass physische Gegenstände ihre Umgebung wahrnehmen, mit ihr interagieren und mit ihr kommunizieren können. Das eröffnet enorme Möglichkeiten für die Erfassung von Produkt- und Verarbeitungsdaten für die vorausschauende Wartung sowie für die effiziente Verfolgung und den Transport von Teilen und Produkten innerhalb von Lieferketten. Die Technologie wird auch zur Verbesserung der Fähigkeiten bei der Produktentwicklung eingesetzt.“
Sie fügt hinzu, dass das IoT neben physischen Produkten auch erfolgreich für Product-as-a-Service (PaaS) Modelle eingesetzt wird. Auf PaaS ausgerichtete Unternehmen erzielen stetige Umsatzströme durch erweiterte Dienste und Produkt-Upgrades, die als digitale Software und nicht als physische Hardware bereitgestellt werden.
Sie sagt jedoch, dass die Kosten für die Einführung neuer Kreislauflösungen anfangs hoch sein können und viele Unternehmen zögern, ihre bisherigen Geschäftsmodelle zu überdenken. „Einige Unternehmen müssen erkennen, dass die Kreislaufwirtschaft zusätzlichen Nutzen bringt. Dies bedeutet, dass sie so weit skaliert werden muss, dass sie sich auf die Gewinnspannen und Gewinne auswirkt. Obwohl die Entwicklung noch am Anfang steht, gibt es bereits erfolgreiche Beispiele für den Einsatz von generativer KI und maschinellem Lernen zur Beschleunigung und Skalierung von Kreislaufinnovationen.“
Kreislaufwirtschaft
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Künstliche Intelligenz und Kreislaufwirtschaft mögen nicht als ideale Partner erscheinen. Doch vorausschauende Unternehmen nutzen schon seit Jahrzehnten technologische Innovationen, um Kreislauflösungen zu entwickeln.
Verringerung von Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung
Wasserknappheit ist ein kritisches Problem, da extreme Wetterbedingungen und ein erhöhter industrieller Verbrauch das Angebot beeinträchtigen. Um kostspielige Wasserverluste zu reduzieren, investiert Natalie Falkman in Wasserversorger, die KI-Algorithmen mit Sensoren in Leitungen und Ventilen kombinieren. Dadurch können kommunale Versorger und gewerbliche Nutzer Lecks anhand von Wasserdurchfluss- und Druckdaten sowie gefährlichen Stoffen wie PFAS schnell erkennen. 3
Sie sagt, dass Gebäude ein weiterer Bereich sind, in dem KI auf konstruktive Weise eingesetzt wird, um den Ressourcenverbrauch zu senken. Hier investiert sie in Unternehmen, die generative Entwicklungsmodelle entwickeln, mit denen Engpässe vermieden, Materialverbrauch und Abfall minimiert und die Bauausführung durch Projektentwickler und Bauunternehmer vor Ort optimiert werden können.
Verringerung von Abfällen
Natalie Falkman ist auch begeistert von den Möglichkeiten, mit KI Abfall zu reduzieren, indem Produkte länger in Gebrauch bleiben. Sie sagt, dass Anbieter von Industrieteilen und -maschinen KI-gestützte Wartungs- und Modernisierungsdienste anbieten, die kontinuierlich Betriebsdaten sammeln, um Reparaturen und Upgrades zu antizipieren. Dadurch können kostspielige Geräteausfälle und Schäden vermieden und die Lebensdauer von Produkten verlängert werden. Zu ihren Beteiligungen gehören einige Anbieter von Ausrüstungen und Dienstleistungen, deren Kundenstamm sich auf Rechenzentren, Netzbetreiber und industrielle Hersteller sowie auf Einrichtungen des Gesundheits- und Bildungswesens erstreckt.
Fragmentierte, wenig koordinierte Lieferketten sind ebenfalls reif für ressourcensparende KI-Nutzungen. Zu ihren Investments gehören Unternehmen, die KI-Modelle mit Daten über Lieferanten, Lagerbestände, Vertriebslogistik und sogar saisonale Wettermuster füttern. Im Gegenzug sind Unternehmen besser imstande, die Nachfrage vorherzusagen, Lager anzupassen und die Materialbeschaffung zu beschleunigen, während sie gleichzeitig Engpässe, Produktabfälle und Transportemissionen reduzieren.
Abbildung 1 – Steigerung des Umsatzes durch KI in verschiedenen Branchen
Die Liste der Möglichkeiten der KI zur Steigerung der Wertschöpfung ist nicht erschöpfend. Gezeigt werden nur ausgewählte Branchen, die sich auf Modelle der Kreislaufwirtschaft ausgerichtet haben. Für weitere Details siehe McKinsey, „Beyond the hype: Capturing the potential of AI and gen AI in tech, media, and telecom“. Februar 2024.
Senkung von Emissionen
Erneuerbare Energien sind umweltfreundlich, regenerativ und Teil einer Reihe von nachhaltigen Lösungen, welche die Kreislaufwirtschaft unterstützen. Natalie Falkman investiert zwar nicht direkt in die Energiemärkte. Sie ist dort aber über Unternehmen engagiert, die Stromversorgern und Netzbetreibern Lösungen für die Modernisierung der Infrastruktur und ein besseres Energiemanagement in immer komplexeren Netzen liefern.
Der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix nimmt zu, da Regierungen, Kommunen und Unternehmen eine Dekarbonisierung anstreben. Doch der Zubau von Solar- und Windkraftanlagen mit schwankender Energieerzeugung bereitet den bestehenden Netzen, die für stabile Stromflüsse aus fossiler und nuklearer Energie gebaut wurden, Probleme (und führt in einigen Fällen zu Stromausfällen). „Mit KI ausgestattete intelligente Netze helfen den Betreibern, dynamisch zwischen verschiedenen Energiearten und -quellen zu wechseln und bei Bedarf auch Batteriespeicher einzusetzen. Dies verbessert nicht nur die Energieeffizienz, sondern verringert auch das Risiko destabilisierender Stromspitzen, welche die Stromversorgung unterbrechen und wichtige Geräte beschädigen können.“
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„Mit KI sind Unternehmen besser imstande, die Nachfrage vorherzusagen, Lager anzupassen und die Materialbeschaffung zu beschleunigen, während sie gleichzeitig Engpässe, Produktabfälle und Transportemissionen reduzieren.
Ausblick
Natalie Falkman ist der Ansicht, dass wir erst am Anfang der Nutzung des Potenzials von KI zur Beschleunigung von Kreislauflösungen in der Wirtschaft stehen. „Es mangelt nicht an Unternehmen, die versuchen, die Chancen zu nutzen, die nach Schätzungen allein in Europa bis zum Jahr 2050 ein Volumen von mehr als 1 Billion US-Dollar erreichen werden. Die Fähigkeit von KI, Simulationen zu beschleunigen, könnte in einer Vielzahl von Anwendungen besonders nützlich sein – von der intelligenten Fertigung, die den Ressourcenverbrauch minimiert, bis hin zur Kombination der molekularen Eigenschaften von Verbindungen, um nachhaltigere Materialien zu erzeugen.“ Sie kann sich auch vorstellen, dass KI und maschinelles Lernen die Möglichkeiten zur Identifizierung, Sortierung und Zerlegung von Produkten und Komponenten für Upcycling und Recycling beschleunigen.
„Die Kreislaufwirtschaft bietet unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten für KI, um ihre Rechenleistung für skalierte Innovationen zu nutzen. Unternehmen, die sich diese Fähigkeit zunutze machen können, werden starke Wettbewerbsvorteile erzielen – nicht nur durch Senkung interner Kosten, sondern auch dadurch, dass sie der Verschärfung von Vorschriften einen Schritt voraus sind und neue Kunden gewinnen können.“
Fußnoten
1 What is circularity?” McKinsey Explainers. Juni 2024.
2 Würde eine Kreislaufwirtschaft in allen wichtigen Wirtschaftszweigen (Industriegüter und Verbrauchsgüter, Mobilität und Verkehr, Lebensmittel und gebaute Umwelt) eingeführt, könnte die Förderung von Rohstoffen um etwa ein Drittel (34 %) sinken – von 92,7 Milliarden Tonnen auf 61,2 Milliarden Tonnen. The Circularity Gap Report. The Circle Economy 2023.
3 Die PFAS-bezogenen Gesetze werden immer strenger und umfassender, was sich auf Versorger und industrielle Nutzer auswirkt. Siehe „PFAS 2.0 – new waves of regulation will hit more than chemical producers“. Robeco. März 2024.
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